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250 Psychische Studien. LXII. Jahrgang. 6. Heft. (Juni 1915.)
Podmore, Gurney und andere waren, deren Präsident gegenwärtig
wieder einmal ihr langjähriges Mitglied, der Physiker William
Crookes, der Entdecker des Thalliums ist, der seinerzeit wegen
seines unerschrockenen Eintretens für die spiritistischen Phänomene
stark angefeindet wurde. Diese wissenschaftlich bedeutenden
Männer beschäftigten sich mit der Erforschung der Telepathie,
der sichtbaren Phantome und Spukerscheinungen, mit Gedankenübertragung
unter Ausschluß der Sinnesorgane, mit den Suggestionsphänomenen
, insbesondere Mesmerismus (== Magnetismus
), Hypnotismus und Psychotherapie, mit der Ercorschung der
noch nicht anerkannten mentalen Fähigkeiten, insbesondere des
subliminalen Bewußtseins, wie automatischem Sprechen und Schreiben
, und schließlich Spiritismus. Der Erfolg ihrer Bemühungen
war, daß sie alle diese Phänomene als wirklich vorhanden anerkennen
mußten. Allerdings waren sich die Forscher in manchen
Fragen nicht ganz einig, z. B. in betreff der Zulässigkeit oder Un-
zulässigkeit der Spirit-Hypothese. d. h.. ob zur Erklärung der
außerordentlichen Manifestationen bei spiritistischen Sitzungen die
Annahme der „psychischen Kraft**15) des Mediums genüge, oder
ob man nech besondere Spirits (Geister) annehmen müsse, die mit
den Menschen ihr oft neckendes und trügerisches koboldartiges
Spiel treiben. Auf diesem Dilemma: Animimus oder Spiritismus
- steht die spiritistische Frage noch heute. Von den Mirgliedern
der Gesellschaft für psychische Forschung bestritt Frank Podmore
die Spirit-Hypothese, während Frederic Myers sie vertrat. Der
Sieg neigt sich mit dem Fortschreiten unserer Erkenntnis entschieden
immer mehr auf die Seite ihrer Verfechter. Das Resultat
der Bemühungen dieser Gelehrten der S. P. R. ist in einem in der
Hauptsache von Gurney, Myers und Podmore geschriebenen umfangreichen
Werk niedergelegt, den „Phantasma of the
1 i v i n g welches, durch mehr als 1500 Beispiele, Beobachtungen
und Experimente instrumentiert, an Ausführlichkeit und Gründlichkeit
nichts zu wünschen übrig läßt.10)
Der Ausdruck ist in den 60 er Jahren zuerst von Camille
Flammarion gebraucht worden.
«*) „Phantasma of the living." 2 Bände. 1866. Trübner & Co.,
London. Diese englische Ausgabe ist vergriffen. "Vorhanden ist
noch die französische Ausgabe von Mariliier: „Lea hailucinations
tel&mthiques." Der Titel ist zu beanstanden: es sind eben nach
Ansicht der Autoren keine Halluzinationen, sondern Manifestationen
. Der erste Teil des Buches ist deutsch übersetzt von dem
bekannten Spiritisten Feilgenhauer: „Gespenster lebender Personen
." Leipzig, Spohr. 1890. Das Buch ist nicht sehr zuverlässig
und überholt ?on jüngeren Publikationen aus den Jahren 1908 bis
1910: J. Maxwell, Dr. med. und 2. Staatsanwalt am Appellations-
grerichtshof in Paris: „Neuland der Seele", übersetzt von Dr. Otto
Knapp. James H. Hyslop, Dr. jur. et phil., Professor an der Lni-
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