http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1915/0266
262 Psychische Studien. XLII. Jahrgang. 6. Heft. (Juni 1915.)
leitung immer neue solche zu, die wir, wenn sie von sonst zuverlässiger
Seite eingesandt sind, trotzdem schon deshalb zum Abdruck
bringen, damit uns, wenn sie je in Erfüllung gehen sollten,
nicht später der Vorwurf nicht rechtzeitiger Veröffentlichung treffen
kann. Man bedenke aber doch, daß in den Ländern des Dreiverbands
und auch im neutralen Ausland vielfach (wie von der Pariser
Sibylle Mme. de Thkbes) entgegengesetzte, d. h. für unsere Feinde
günstig lautende Voraussagungen kolportiert werden, die offenbar
auch lediglich auf subjektiver, mehr oder weniger geschickter
Kombination gewünschter Erfolge beruhen. So veröffentlichte
z, B. die „Astrologische Gesellschaft" im Haag jüngst ein Horoskop,
wonach der jetzige Krieg den Untergang des deutschen Kaisers und
Reichs herbeiführen, König Georg von England und sein Volk vom
Himmel besonders begünstigt werden, Frankreich nach anfänglichen
Mißerfolgen siegreich sein und auch Italien schließlich in den
Krieg gegen uns hineingezogen werden soll, wovon Letzteres nun
leider bereits in Erfü.lung gegangen ist! Wir können daher die
nachfolgende Zuschrift des Herrn Friedr. Kämpfer (dat.
Berlin, S. W. Friedrichstr. 242 III, vom 13. IV. 15), der sich schon
früher um die Richtigstellung derartiger vielversprechender Einsendungen
erfolgreich bemüht hat (vgl. Febr.-Heft S. 88), nur
willkommen heißen. Sie lautet:
„Wegen der angeblich aus dem 100-jährigen Kalender
stammenden Prophezeiung habe ich meine Bemühungen, etwas
Positives zu ermitteln, fortgesetzt, leider aber bisher ohne Erfolg.
Nachdem ich in Erfahrung gebracht hatte, daß es sich um einen
Bambergischen Kalender handeln soll, der von Gerhard Bosch in
Essen a. d. Ruhr herausgegeben sei, habe ich nach diesem Kalender
in der König!. Bibliothek gesucht, doch war er dort nicht zu finden.
Ich habe nun das „Auskunftsbureau der deutschen Bibliotheken"
in Anspruch genommen und erhielt die Antwort, jener Kalender
habe sich in den zunächst befragten größeren Bibliotheken nicht
nachweisen lassen und er sei auf die Suchliste gesetzt worden.
Infolge dieses negativen Erfolges meiner Nachforschungen neige
ich immer mehr zu der Vermutung, daß es mit der betr. Prophezeiung
nicht seine Richtigkeit hat und daß auch hier wieder eine
bewußte Irreführung vorliegt. —
Leider muß ich Ihnen ferner mitteilen, daß* das Gleiche für
eine andere Prophezeiung gilt, die angeblich von einem Jesuitenpater
im Jahre 1701 niedergeschrieben worden sein soll und deren
Original in Eschweiler gefunden sei, wo es sich im Rathause befände
. Eine Abschrift dieser vermeintlichen Prophezeiung lege ich
bei und bemerke hierzu, daß dieselbe nach einer anderen Version
bei einem Gemüsehändler Wirremann gefunden sein soll; sie wäre
aus dem Altdeutschen von einem Religionslehrer, Prof. Kapitaine,
übersetzt worden. LetztereProphezeiung hat im wesentlichen den-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1915/0266