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264 Psychische Studien. XLII. Jahrgang. 6. Heft. (Juni 1915.)
von Ost nach Westen fließt. Frankreich wird verwüstet werden,
England und der König geschlagen. Ein großes Land wird von
Seuche und Hungersnot heimgesucht, das andere wird total verarmen
. Die Türken werden treue Brüder des starken Monarchen.
Nach dem Kriege werden nur noch drei große Mächte sein, das
Papsttum, Deutschland und östereich. Losbrechen wird der Krieg
zur Zeit der Ernte, die bessere Zeit wird eintreten zur Zeit der
Kirschblüte. (Geschrieben von einem Jesuitenpater im Jahre 1701.
Das Original wurde in Eschweiler gefunden und befindet sich dort-
selbst im Rathause.)" — Also abermals absichtliche Mystifikation
von seiten irgend eines im Dunkeln arbeitenden literarischen Freibeuters
! Nur schade um Papier und Druckerschwärze. 2)
2) Die im März - Aprilheft S. i46 und 149 berichteten Prophezeiungen
sind ja leider auch nicht eingetroffen, man müßte denn
nur entgegnen, daß gerade um den 27. April der bedeutende Vorstoß
bei Ypern und kurz nachher der glänzende Sieg in Weatgalizien
erfolgte, die beide zusammen, wenn kein Zwischenfall durch italienische
Perfidie und Großmannssucht hervorgerufen wird, wohl
geeignet waren, einen baldigen Friedensschluß — wenigstens „sobald
die Kirschen blühen", wie der Zigeuner meinte — tatsächlich
herbeizuführen. Daß es sich auch bei echten Prophezeiungen mehr
um ein instinktives Ahnen großer Entscheidungen handelt, wobei
man es dann mit den Einzelheiten in Zeit und Baum nicht so genau
nehmen darf, ist ja auch sonst sattsam bekannt und trifft
ebenso bei der merkwürdigen Vorausschaa des Schicksals von
Tsingtau (S. 209/210) zu. — Eotschieden verwahren muß sich die
Schriftleitung gegen eine Bemerkung des Einsenders in der „Ueber-
sinnl. Welt*4 (Maiheft S. 167), welcher er seinen obigen Artikel
gleichzeitig eingeschickt zu haben scheint, jedoch mit dem Beisatz
(der doch eher als Erwiderung in die „Psych. Stud." gehörte!):
„Noch eine andere Prophezeiung wird jetzt viel besprochen, denn
n^h dieser soll d*»r Friede schon am 27. April zustaude kommen.
Abgesehen davon, daß dieses wegen der Kürze der Zeit höchst unwahrscheinlich
ist, kommt hier noch in Betracht, daß diese Prophezeiung
nicht nur in den zwei; sondern in einem halben Dutzend
verschiedener Lesarten verbreitet wird, was sicher nicht dazu beitragen
kann, ihr Vertrauen entgegenzubringen. Dennoch berichten
die „Psych. Studien" in ihrer letzten Nummer, daß sie echt wäre/1
— Wenn Herr Fr. Kämpfer genau hingesehen hätte, bezw. exakt
zu arbeiten verstände, so hätte dieser Schlußsatz etwa lauten
müssen: „Dennoch sagt im März - Aprilheft der „Psych. Studien"
auf S. 150 Herr E. W» Dobberkau wörtlicn: „Wir haben hier
also wohl eine echte Prophezeiung vor uns, dessen (Druckfehler
st. „deren") letzter Teil sich allerdings noch bewahrheiten muß."
Ganz abgesehen davon, daß auch unsere Monatsschrift, wie die
„Uebersinnl. Welt" „die Verfasser der einzelnen Artikel und Mitteilungen
das von ihnen Vorgebrachte selbst vertreten läßt", hat
der Schriftleiter des öfteren seinem völlig skeptischen Standpunkt
gegenüber allen derartigen Prophezeiungen energischen und unzweideutigen
Ausdruck verliehen und denselben bei der letztgenannten
auch noch durch ein beim Titel auf S. 149 und sogar
in der üeberschrift auf der Vorderseite des Hefts durch ein dort
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