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Kurze Notizen.
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Kurze Notizen.
a) Papst Pius X. hat den Krieg vorgeahnt
. Rene Bazin veröffentlicht im „Echo de Paris" eine Artikelserie
, in der er von den Eindrücken, die ihm seine kürzliche Reise
nach Rom verschafft hat, Rechenschaft ablegt. Bei dieser Gelegenheit
kommt er auch auf einen Besuch zu sprechen, den er dem
fiüheren Kardinalstaatssekretär Merry del Vai abgestattet hat.
„Papst Pius X.", so erklärte ihm bei dieser Gelegenheit der Kardinal
, „hatte seit geraumer Zeit schon den heute tobenden Weltkrieg
vorausgesehen und wurde nicht müde, in seinen Gesprächen auf
diesen Krieg anzuspielen. So oft ich in den Jahren 1912, 1913
und zu Beginn des Jahres 1914 morgens die Gemächer des Heiligen
Vaters betrat, um mit ihm zu arbeiten, unterbrach er meinen Vortrag
schon bei den ersten Worten häufig genug mit der Bemerkung:
„Das alles hat wenig Bedeutung neben dem, was uns die Zukunft
bringen wird". Der Papst wies mit einem familiären Dialektausdruck
auf den großen Krieg; der da kommen wird, hin und fügte
hinzu: „Das Iahr 1914 wird nicht vorübergehen, ohne daß ein gewaltiger
Krieg ausbricht**. Es war das eine Sorge und eine Angst,
die seine letzten Lebenslage verdüsterten.4* („Freisinger Tagblatt**
Nr. 92 vom 21. April 1915.)
b) Carnegie und Deutschland. Unter dieser
Aufschrift bringen die „Münchener Neuesten Nachrichten" (Nr. 222,
Vorabendblatt vom 2. Mai d. J.) die nachfolgende, uns von Herrn
Hofrat Prof. Seiling zur Richtigstellung unserer Bemerkung am
a ^gebrachtes Frage- und Ausruf zeichen verschärft. Wenn man,
was ja sehr verdienstlich i<*t, sich der Mühe des „Entlarvens" unterzieht
und die Wahrheit feststellen will, so muß man mit seinen
eigenen Behauptungen doch vorsichtiger und gewissenhafter vorgehen
. Diese uns ganz unerwartete Entgleisung unseres werten
Slitarbeiters bliebe uns psychologisch völlig unverständJich, wenn
nicht der folgende Satz zeigen würde, daß die bei dieser Gelegenheit
den „Psych. Studien" erteilte moralische Ohrfeige als Folie
zu einer Keklame für das von Herrn Kämpfer beschützte und empfohlene
berühmte Malmedium dienen soll. Er fährt nämlich fort:
„Frau Weingärtner (Frieda Gentes) erhielt vor kurzem die Nacb-
iicht (durch Hellhören), daß allerdings um diese Zeit eine Friedensneigung
vorhanden wäre, daß sich aber die Verhandlungen noch
sehr in die Länge ziehen würden; wiederholt wurde ihr aber gesagt,
daß wir den Sieg davontragen würden: es hieß hier wörtlich, daß
wir „mit Gott und seiner Gerechtigkeitsliebe siegen würden/' —
Auch diese angebliche Vorausschau steht u. E. auf schwachen
Füßen hinsichtlich ihrer „Echtheit"; denn um solches zu prophezeien
, bedarf es wahrhaftig keiner Geisterstimmen, das sind Gedanken
, die sich gegenwärtig so ziemlich jedermann, der überhaupt
nachdenkt, in Deutschland macht. Am liebsten wäre es uns daher,
wie wir schon oft und deutlich genug angedeutet haben, wenn wir
mit dieser Art von praktischem Okkultismus verschont blieben.
— Eed.
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