Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
42. Jahrgang.1915
Seite: 308
(PDF, 159 MB)
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308 Psychische Studien. XLII. Jahrgang. 7. Heft. (Juli 1915.)

nicht so erhabenen oder liebenswerten Eigenschaften, als man sie
sonst Gott zuschreibt, entscheiden will. Jedenfalls wird er den
üblichen religiösen Vorstellungen entsagen müssen. Groß wird die
Zahl der Menschen, die sich hierzu entschließen, bei unserer gegenwärtigen
kirchlichen Schul- und Staatsorganisation freilich nicht
sein. —

Nur ungern beugen sich dlle die Menschen, welche in ihrer
Jugend oder auch noch als Erwachsene in frommer Gesinnung,
im Gebet und in der Hoffnung auf ein glückliches Leben im Jenseits
Trost und Genügen fanden, dei Logik der Tatsachen und Gründe,
die im Vorstehenden entwickelt und auseinandergesetzt wurden.
Sie wollen sich einfach nicht überzeugen lassen, weil ihnen das
Gefühl der Ruhe und Zufriedenheit, das ihnen aus ihrem Glauben
quillt, wertvoller ist, als die reine Erkenntnis; ja sie halten um so
hartnäckiger an ihrem Glauben fest, je mehr ein Instinkt der Unsicherheit
ihnen sagt, daß sie An bei strengerer Nachprüfung und
tieferem Grübeln verlieren müßten.

Sehr unterstützt wird die große Menge in ihrer Gläubigkeit
dadurch, daß so viele gescheite Männer, über deren Tüchtigkeit
auf diesem oder jenem Gebiete menschlichen Lebens gar kein
Zweifel bestehen kann, ihre Übeizeugung geteilt haben. Sie vergessen
dabei aber ganz, daß für die Entscheidung dieser Fragen
nicht der große Staatsmann oder Feldherr, Regent oder Organisator
, Maler oder Musiker zuständig ist, sondern nur die Wissenschaftler
, welche aus Natur- und Kulturgeschichte die letzten
möglichen Schlüsse ziehen können.

Viele weichen dieser Folgerung aus, indem sie sagen, daß die
Religion das Gebiet des Glaubens, nicht des Wissens wäre, der
Wissenschaftler also nicht zuständiger sei, als jeder Mensch von
Herz und Gemüt. Sie sind aber ganz inkonsequent. Lassen sie
sich doch von Priestern die heiligen Bücher deuten, gestehen also
damit höherem Wissen auch eine höhere Kompetenz zu. Kompetenter
aber, als der durch kirchliche Vorschriften gebundene
Priester, ist doch sicher der Kritiker, welcher dem Ursprung der
sogenannten heiligen Schriften, aus denen die Priester aller Religionsgemeinschaften
ihr jeweiliges Wissen schöpfen, nachgeht, und
der Forscher, welcher die Resultate unseres wahren Wissens von
der Welt zu einer Wellanschauung verbindet. •

Die sogenannten inneren Erlebnisse wie Erleuchtung, Heiligung
, Gebetserhörung können durch die allerverschiedensten Einbildungen
zu stände kommen und haben als Autosuggestionen
keinen absoluten ßeweiswert. Wie viele von den
frömmsten Männern des Mittelalters gehegte Überzeugungen betrachten
wir heute als grundfalsch; genügte die innere Erfahrung
zum Beweise der Wahrheit, dann müßte es sehr viele verschiedene
Wahrheiten geben. Es kann aber, das ist eine logische Not-


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