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Kurze Notizen,
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glück, und schreibe ihm zum Segen an, was er als ein zärtlicher
Vater für seine erste Residenz in solchen Feuersgefahren geleistet
hat. Schriebs in Eile, als ich die vornehmsten Sammlungen aus
meiner Bibliothek in die herzogliche übergab. M. Johann Ernst
Friedrich Bernhard, Spezialsuperintendent und Hospitalprediger."
Kurze Notizen.
a) Seelische Fernwirkungen im Kriege.
In dieser Zeit seelischer Hochspannung taucht auch das Problem
der seelischen Fernwirkung, die sich in Ahnungen und Gesichten
äußert, besonders eindringlich wieder auf. Im „Türmer" bittet
Dr. Löhmann um Mitteilung von Erlebnissen auf diesem Gebiet
während des Krieges. Der Verfasser teilt selbst zwei ihm aus
bester Quelle bekanntgewordene Erlebnisse dieser Art mit: „Ein
alter, wackerer Landbrietträger a. D. und ehemaliger kurhessischer
Husar, der, siebzigjährig, mit seiner gleichalterigen Lebensgefährtin
an Voß' .redlichen Tamm' erinnerte und in dessen stiller, einfacher
Feierabendhäuslichkeit ich mich damals zum Staatsexamen vorbereitete
, berichtete schlicht und doch anschaulich, wie in der auf
den Tag der Schlacht bei Wörth folgenden Nacht in dem kleinen
hessischen Dorfe, in dem er damals noch lebte, plötzlich und ohne
jeden erkennbaren Grund die beiden großen Hunde eines Bauern
sich wie unsinnig zu gebärden anfingen, heulend durch das Haus
gerast seien, ohne sich durch die Leute beruhigen zu lassen, bis es
ihnen gelungen war, in das Zimmer des im Kriege befindlichen
Sohnes einzudringen, in dem sie sich winselnd niederlegten und aus
dem sie sich in der Nacht nicht mehr entfernen ließen. Nach
einigen Tagen erhielt aber der Bauer die Mitteilung, daß sein Sohn
in dieser Nacht an seiner am Tage vorher bei Wörth erlittenen
Wunde gestorben sei. Die Hunde hatten beide mit großer Liebe
an dem jungen Bauer gehangen. Was hier von der Tierseele gilt,
kann natürlich auch jedeizeit für des Menschen Seele zutreffen,
wie der zweite, mir ebenfalls durchaus glaubwürdig berichtete
Fall zu beweisen scheint: Eine Obersteigerswitwe, deren bereits
ergrautes Haupt den Verdacht der Aufschneiderei nicht gerade
wahrscheinlich macht, erzählte mir einige Zeit später ganz von
selbst, ohne im geringsten durch mich zu derartigen Berichten angeregt
worden zu sein, ein eigenartiges Erlebnis aus ihrer Kindheit:
Im Jahre 1849 lebte die damals Dreizehnjährige mit ihren Eltern
und Geschwistern in einem einsam und abseits im mitteldeutschen
Berglande gelegenen sogenannten Zechenhause, das zu einem halb
schon aufgegebenen Bergwerksbetriebe gehörte. Hier erwachten
sämtliche Bewohner eines Nachts durch das starke Geräusch und
Empfinden eines bei geöffneten Fenstern ununterbrochen durch das
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