Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
42. Jahrgang.1915
Seite: 349
(PDF, 159 MB)
Bibliographische Information
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Hänig: Jolanda im Gespräch über Beligionspsychologie 349

T h. : Goethe hat jedenfalls nie zu denen gehört, die in der
Religion nichts als eine Ausgeburt menschlicher Schwäche gesehen
haben. Aber jene Konsequenzen hat er allerdings nicht
gezogen. —

0. : Er hat sich also entweder über die Herkunft jenes
rätselhaften Gefühls, das wir am besten mit den Spannungsge-
fühlen unserer modernen Psychologie vergleichen können, keine
Gedanken gemacht, oder er hat vielleicht an eine ganz natürliche
Entstehung dieses Gefühls geglaubt, ohne deshalb etwas Übersinnliches
, Göttliches zu Hilfe zu nehmen.

T h. : Ich mag Goethe nicht für so oberflächlich halten,
daß ich einfach das erstere annehmen könnte. Der spätere
Goethe, besonders der nach der italienischen Reise, war eben so
grundverschieden von dem, der sich für den Pietismus interessierte
, daß er wohl den Beweis dafür, daß jene Erlebnisse
anders aufzufassen seien, in seiner eigenen Entwicklung ge-
sehen hat.

0. : Das ist ja an sich wenig theologisch gesprochen. Aber
etwas Richtiges mag wohl daran sein. Er war also wohl, wie es
scheint, der Ansicht, daß jenes Erlebnis auch anders aufgefaßt
werden konnte.

T h. : Das scheint allerdings so.

0. : Und zwar scheint er uns, wenn wir diese Bekenntnisse
genauer betrachten, selbst den Schlüssel zu des Rätsels Lösung
gegeben zu haben. Es scheint mir nämlich — vielleicht bin ich
aber auch im Irrtum, daß Goethe jenes seltsame Ereignis im
Seelenleben des Fräuleins mit jener Kränklichkeit zusammengebracht
hat, von der sie öfters spricht und die sie, wie es scheint,
als Erbteil von ihren Eltern bekommen hatte. Oder scheint Dir
das nicht so? '

Physiologe : Das könnte wohl sein, aber näher liegt
doch die Annahme, daß Goethe jenes Erlebnis vielmehr mit der
freiwilligen Entsagung zu der irdischen Liebe zusammengebracht
hat, die sie, ihrem mystischen Zuge folgend, sich kurz vorher auferlegt
hatte.

T h. : Also daß an Stelle des irdischen Bräutigams der
Seelenbräutigam Jesus bei ihr getreten sei, wie bei vielen, die ihr
Leben hinler Klostermauern zubringen, so daß sie Jesus oft leibhaftig
vor sich zu sehen meinten, wie berichtet wird? Man
nimmt ja dann heute an, daß die im Menschen aufgespeicherte
Energie, wenn sie sich nicht auf sexuellem Gebiete betätigen
kann, gewissermaßen auf das religiöse Gebiet übertragen wird
und sich hier auswirkt. Aber Du hast ja selbst zugegeben, daß es
ein mystischer Zug in ihr war, der das treibende Moment darstellte
. —


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