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Peter: Eine Experimentalforsehung.
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daß es die Familie erfahren oder gesehen hätte. Sie konnte also
keine Tricks irgend welcher Art lernen usw. Anna Burton war nie
Professions-Medium; sie erhielt niemals irgend welchen Lohn —
mit einem Wort, es kann nicht der leiseste Zweifel bestehen, daß
das Mädchen durch irgend welche Aussicht auf Lohn bewogen
worden wäre, zu täuschen. Es ist unbedingt und einwandfrei bewiesen
, daß in dem Falle Anna Burton bewußter Betrug
nicht vorhanden ist.
Miss Anna Burton ist eine Waise. Sie war 7 Jahre alt, als
ihre Mutter starb. Ihre Erziehung war einfach. Ihr Vater, ein
Zimmermann, war ein Gegner des Spiritismus. Die ersten Anzeichen
der Mediumschaft des Mädchens waren Klopftöne am
Kopf teil des Bettes. Sie war damals 12 Jahre alt. Ihre Pflegemutter
kam auf den Gedanken, die klopfenden „Geister" einzuladen
, am Tisch zu klopfen, und man hielt Sitzungen. Bald gelang
es, Antworten auf gestellte Fragen zu erhalten. Nach kurzer
Zeit wurden auch Tamburine in Bewegung gesetzt und Glocken
geläutet usw. Nun schritt man zu Dunkelsitzungen.
Der erste Spirit, der als „Guide" (Führer) auftrat, nannte
sich „Blacke C I o u d " (schwarze Wolke); dann kam Dan,
ein junger Soldat im Spanisch-amerikanischen Krieg. Sein Einfluß
war immer günstig; er gab oftmals Anweisungen für Annas
Gesundheit, die sich stets bewährten. Er war es auch, der den
Rat erteilte, im Dunkel zu sitzen. Die „Geister" lieferten bei
diesen Sitzungen den Beweis großer Kraft, denn wiederholt wurde
ein Tisch, der 100 Pfund wog, gehoben und zwar auf der dem
Medium und ihrer Pflegemutter entgegengesetzten Seite!
Anna fing jetzt auch an automatisch zu schreiben, meist in
Dunkelheil. Die Phänomene steigerten sich. Es kam ein kleines
spanisches Mädchen, L e n o r e , welche vorzüglich Tamburin
spielte. Eines Abends legte man eine Schnur auf den Tisch und
als nach Licht gerufen wurde, war das Medium von den unsichtbaren
Kräften an den Stuhl gebunden. Mehr und mehr wurde
das Medium in tiefen Trance während der Sitzungen gesetzt, um
es völlig passiv zu machen.
Stimmen wurden gehört in Sopran, Alt und Falsette. Besonders
schön war die Stimme Omas, einer jung verstorbenen
Freundin Annas. Ein Signor Pietro Domuria brachte,
wenn die Umstände („Conditions") günstig waren, wunderbare
Melodien. Auch Scherze leistete man sich. Den Damen wurden
Ringe und Kämme genommen und letztere in das Haar der anwesenden
Herren gesteckt.
Eines der überraschendsten Phänomene war das Singen
mehrerer Stimmen zu gleicher Zeit. Ebenso Pfeifen, obwohl Miss
Burton selbst weder singen, noch pfeifen konnte. Auch das berühmte
Trumpet-Phänomen wurde beobachtet. Ferner erschienen
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