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378 Psychische {Studien. XLII. Jahrg. 9. Heft. (September 1915.)
zwecks photographischer Aufnahmen weißes Licht zu machen,
allein sie erlitt in diesen Fällen stets einen heftigen Anfall von
Schwäche („chock**), sogar wenn sie gar nicht wußte, daß die
Photographien einen „Trick** der Trancepersönlichkeiten verrieten
.
Ein schlagendei Beweis ist folgender Fall: Prof. Hyslop
drehte einst, während das Medium in Trance war und die Augen
geschlossen hatte, eine Taschenlampe hinter dem Rücken des
Mediums auf. Die Lampe warf nur einen talergroßen Schein
auf die Wand, aberdennoch stellte sich bei dem Medium Kollaps
ein. Vielleicht war doch eine Strahlung vorhanden, welche die
Anwesenden nicht bemerkten. Zweifellos war das Medium außerordentlich
hypersensitiv für weißes Licht.
Als weitere wichtige Tatsachen, welche durch die genannten
Ärzte festgestellt wurden, sind Anästhesie (Unempfindlich-
keit) und Hyperästhesie (Überempfindlichkeit) zu
nennen. Die Medien sind gewöhnlich mehr oder weniger
anästhetisch im Trance. Aber Miss Burton hat hierin keinen
gleichmäßigen Zustand und wechselt sogar in den verschiedenen
Körperteilen. Der Zustand der Anästhesie wechselt ohne sichtlichen
Grund. In ihrem hellsehenden Zustand ist sie stets normal
und zeigt weder Trance noch Unempfindlichkeit. Aber bei den
Experimenten für physikalische Phänomene wechselt sie zwischen
teilweiser oder gänzlicher Anästhesie und zeigt sogar Lokalpartien
oder Zonen von Unempfindlichkeit. Miss Burton ist in
dieser Beziehung ganz besonders merkwürdig. Zuweilen ist sie
auf einer Seite des Körpers völlig anästhetisch und auf der
anderen überempfindlich und umgekehrt. Dann wieder ist der
ganze Körper völlig unempfindlich. Dies ist z. B. der Fall,
wenn der „Spirit** Blake Cloud im Spiele ist. In anderen
Fällen ist das Medium anästhetisch bis zum Kehlkopf und von da
ab normal.
Die Tatsache, daß das Medium oftmals auf der rechten Seite
anästhetisch ist, während die linke hyperästhetisch ist und umgekehrt
, ist u. a. ein untrügliches Zeichen von Hysterie.
Unter den Phänomenen wurde als ganz besonders interessant
das P f e i f e n beobachtet. Das Medium kann im normalen Zustand
nicht pfeifen. Anna Burton kann einen Hund rufen, aber
mehr nicht. Im Trance jedoch pfeift sie klar und laut und mit
vollendeter Technik.
Interessant ist auch die Dissociation der Musku-
lartätigkeit, über welche das Medium verfügt. So z. B.
wurde wiederholt durch die Photographie gefunden, daß das
Medium aufgestanden war, ohne daß die an der Sitzung Teilnehmenden
es wahrgenommen hätten, obwohl sie die Hände des
Mediums hielten. Es zeigt sich hier die staunenswerte Geschick-
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