Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
42. Jahrgang.1915
Seite: 381
(PDF, 159 MB)
Bibliographische Information
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Freudenberg: Streiflichter auf japanischen Kultus. 381

(die Häuser sind hier höher als gewöhnlich) farbige, mit japanischen
Reklameinschriflen bedeckte Riesenfahnen, fast bis auf die
Köpfe der Lustwandelnden herab. Fahne an Fahne. Eine leichte
Luftbewegung läßt diese langen Streifenbanner sich aufbauschen
und entzieht uns völlig den Anblick des Himmels. Betreten wir
auf gut Glück eins der hundert Theater. Dort wird gespielt, getan
/t, gesungen, alles im Ganzen genommen nicht schlecht.
Eigenartig ist die Musik, welche mit Konsonanzen und Dissonanzen
die Handlung begleitet. Den Schluß der Vorstellung
bildet eine Kinovorführung, bei der aber Schauspieler für die
handelnden Personen sprechen und außerdem das Orchester sich
bemüht mit Musikinstrumenten und allen möglichen vokalen
Tönen, Gurgeln, Quitschen usw. die Seelenregungen der handelnden
Bühnenpersor.en anschaulich zu machen und drastisch zu gestalten
. Ein Mann ersticht seine Frau: ein seltsamer Schnalzton
und zwei hart aufeinander geschlagene Holzklötzchen lassen den
Zuschauer scheinbar in Wirklichkeit hören, wie das Messer
zwischen die Rippen fähit. In solchen, von der wahren Kunst
doch weit entfernten Dingen haben es die Japaner zu einer Art
Meisterschaft gebracht. Bei der sich anschließenden Sterbeszene
„haucht*4 die tötlich Getroffene geradezu „ihren Geist aus". Und
für solche hyperrealistische, kindlich naive Darbietungen dankt
das den Kunsttempel dicht füllende Publikum durch frenetischen
Applaus.

Verläßt man die Theaterstadt durch eine Seitenstraße, so
gerät man bald in so enge Gäßchen, daß sich schließlich nicht
mehr zwei Leute aneinander vorbeidrängen können, ohne Gefahr
zu laufen, ein „Haus" umzustoßen. Aus diesen Bambuskäfigen
zwitschern bunte Vögelchen dem Fremden ein „Come in** zu, ein
Beweis, daß das dem Asakusapark nahegelegene Yoshiwara bis
hierher seine Fangarme ausgestreckt hat.

Auch in diesem vielgenannten Yoshiwrara, dem Tokyoer
Hetärenviertel, steckt ein gut Stück japanischer Kultur; oder
müssen wir sagen Unkultur? Yoshiwara bildet ein Stadtviertel
für sich, hat die Form eines länglichen Vierecks und ist nur von
einer der Schmalseiten her zugänglich. Dort halten Polizisten
Wache, wie denn auch das ganze Quartier unter scharfer Kontrolle
steht. Es geht darin, man darf das getrost sagen, ruhiger
zu als in jedem andern Viertel Tokyos. Yoshiwara brannte vor
einigen Jahren ab, ist aber wieder völlig hergestellt, zeichnet sich
durch breite Hauptstraßen und hübsche moderne Holzhäuser aus,
die sich gegenüber den sonstigen budenartigen Häuschen der
Stadl wie Paläste ausnehmen. Durchwandelt man diese Straßen
bei Tage, so erscheint alles wie ausgestorben. Sowie aber der
Abend kommt, erwacht Yoshiwara aus dem Schlafe. In feenhafter
Beleuchtung durchwandeln elegante Mädchen die Straßen


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