Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
42. Jahrgang.1915
Seite: 407
(PDF, 159 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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Kaindl: Geisteswissenschaft und moderne Kultur. 407

sieht. „In der Weltgeschichte", sagt er, „verspüren wir das
Walten des Weltgeistes und die verhängnisvolle Kraft seines
Wirkens'*. Die Gerechtigkeit kommt dabei nicht zu kurz, sondern
in allen Lagen des Lebens bleibt ihr Gleichgewicht ein vollkommenes
. Ol xv >oi Aidg an ev Jiijvvovö v (Die Würfel
Gottes fallen immer nach der rechten Seite). (Emerson,
Essays. Univ.-Biblth. Reclam.) Wenn man auch nicht, wie die
soeben angeführten Autoren, von dem Walten einer allgemeinen,
ausgleichenden Gerechtigkeit in der Menschheitsgeschichte überzeugt
ist, so wird man doch einräumen müssen, daß der menschliche
Egoismus, sobald er sich ins Extrem entwickelt, im sozialen
Organismus Verwirrung schafft und schließlich sogar seine Desorganisation
herbeiführt.

Dies ist leicht einzusehen. Der Egoismus, indem er nur sein
eigenes Glücksbedürfnis anerkennt und zu befriedigen sucht, beeinträchtigt
und zerstört dadurch das Glück anderer. So häuft
z. B. der Egoismus, der sich in der Form von Gewinnsucht oder
Geldgier äußert, eine Überfülle von Schätzen auf, die insoweit sie
nicht verpraßt werden und in totem Besitz bleiben, eine Unzahl
von individuellen Glücksmöglichkeiten vernichten, indem sie
andere der Mittel berauben, dieselben zu realisieren. Das eigene
Glück wird aber dadurch auch nicht gefördert, sondern zumeist
durch Übergenuß beeinträchtigt oder zerstört. Diese Art des
Egoismus hat heutzutage in dem Trust- und Kartellwesen schon
sehr bedenkliche Formen angenommen, dank deren Wirksamkeit
das höchste Maß von Ungleichheit zugunsten einer herrschenden
egistischen Minorität und zuungunsten einer beherrschten
egoistischen Majorität bald geschaffen sein dürfte. Daß ein
sozialer Organismus, welcher derartige Mißverhältnisse aufweist,
sich in keinem gesunden, sondern in einem in hohem Maße
kranken Zustande befindet, wird man vernünftigerweise ebensowenig
bezweifeln, wie, daß ein Körper, dessen Organe teils
hyper- (über-), teils atrophisch (unternährt) sind, der Krankheit
verfallen ist. Die reflektierende Vernunft hat, wie Schopenhauer
sagt, auch sehr bald die antisoziale, desorganisierende Wirkung
des Egoismus erkannt und begriffen, daß, falls man ihn un-
gebändigt, frei schalten und walten ließe, das bellum omnium
contra omnes zum Unheil aller gar bald an der Tagesordnung
sein würde.

Darum apostrophiert auch Menenius Agrippa das gegen den
Staat sich auflehnende Volk mit folgenden Worten:
„Was soll's, daß Ihr umher auf allen Plätzen
Euch drängt und wider den Senat so schreit,
Der, nächst den Göttern, Euch in Scheu erhält,
Daß Ihr nicht selbst einander freßt."

(Shakespeare „Coriolan".)

(Schluß folgt.) 28*


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