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470 Psychische Studien. XLII. Jahrgang. 10. Heft. (Oktober 1915.)
rufe und dieselben hetzenden Stimmen zu hören; es war dies
vor Mitternacht. — Noch zweimal erschien dieselbe „wilde Jagd",
wobei auch meine Frau die Gehörseindrücke ganz deutlich hatte,
Jetzt erst kam mir der Gedanke: Das scheint nichts „Natürliches
" zu sein, und ich mußte unwillkürlich an die Sage vom
wilden Heer denken. Ehe ich das aussprach, sagte meine
Frau: „Das war nichts Natürliches." Bald darauf hörte die
Sache a xh mein erwachsener Sohn, welcher die Stimme ganz so
schilderte, nur glaubte er zum Schluß, der ebenfalls plötzlich war,
einen Ton oder Klang wie von einer Enthauptung gehört zu
haben, auch meinte er dazwischen, als Schreckens- und Hilferuf,
das Wort „Eugen" gehört zu haben. Bei diesem Anlaß —
wieder in der dunklen Morgenfrühe — bin ich nicht erwacht.
Zuletzt wurde das Geschrei und Jagen in meiner Abwesenheit
von einer Anverwandten im Hause gehört, immer anscheinend
von leicht erreichbarer Nähe kommend, plötzlich einsetzend und
endigend. — Es wäre erwünscht zu hören, ob sonst jemand hier
ähnliche Beobachtungen gemacht hat; ebenso könnte vielleicht ein
auf dem Gebiete bewanderter Leser Ihrer Zeitschrift etwas über
die dem „wilden Heer" zu Grunde liegenden etwaigen Wahrnehmungen
oder bekannt gewordenen Erscheinungen mitteilen. Jch
bemerke noch, daß sich das Geräusch jedesmal von vollkommener
nächtlicher Stille der ganzen Umgebung abhob. S."
Literaturb eri cht.
Nachsiehend besprochene Werke sind zu Originalpreisen durch die Buchhandlung
von Oswald Matze, Leipzig, Lindenstraße 4, zu beziehen.
Bücherbesprechung.
Wir im Land! Briefe eines Optimisten an einen Schwarzseher. Von
L. Bernhard. Verlag von Oswald Mutze in Leipzig. 32 S.,
Preis 60 Pf.
Das 'den Daheimgebliebenen gewidmete Heft bietet wie ein
Schatzkästlein vieles, was allen jüngeren, aber auch manchen älteren,
zamal den nervenkranken Zeitgenossen zu wissen not tut. Die von
warmem Gottvertrauen und echt vaterländischer Gesinnung sprechenden
, überzeugenden Lebensregeln werden dauernd Recht und Geltung
behalten und sind nicht weniger wertvoll als die Gedanken, zu denen
es anregt. ^In Briefform bespricht Verf., der sich offenbar selbst
in harten Lebenskämpfen von neurasthenischem Pessimismus zu einer
optimistisch taten frohen Lebensauffassung durchgerungen hat, 1) Allgemeines
, 2) das Walten der Vorsehung, 3) Aberglauben, 4) die Macht
des Wunsches, 5) Willenshemmungen und Nervosität — Willensschwäche
ist Nervenschwäche, die Nervenkraft wird gestählt durch
Selbstbeherrschung und Selbstzucht —, 6) Ausbildung des Willens,
7) Verkehr mit anderen, 8) Vorwärtskommen des Einzelnen, 9) das
Glück, und 10) das Schicksal der Völker, wobei er scharfsinnig nachweist
, daß, wie der Wille des Einzelnen sein Geschick beeinflußt,
so auch die Resultate im Parallelogramm der Volkskräfte, Neigun-
fen und Schwachheiten die Gesamtheit mit Sicherheit nach dem
liele aller dieser Bestrebungen führen. Die Deutschen als arbeits-
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