Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
42. Jahrgang.1915
Seite: 498
(PDF, 159 MB)
Bibliographische Information
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498 Psychische Studien. XLII. Jahrg. 11. Heft. (Novemher 1915.)

— Verstärkt denn das Einmaleins — das Vermögen zu
addieren und zu subtrahieren — im Menschen die Kraft des Mitgefühls
, und hält es ihn denn ab, den Nächsten zu kränken? Wird
denn das Rechtsgefühl in irgend einer Hinsicht gekräftigt durch
Lesen und Schreiben oder durch die allerspeziellste Kenntnis der

Geographie?--Ist es denn weniger töricht zu behaupten, daß

die Disziplin der Verstandesfähigkeiten an und für sich den Menschen
zur Empfindung für Edles und Wahres führen
könne? (S. 94.) Es gibt Ausdrücke, die bis zur Abgeschmacktheit
profaniert sind, weil man sie unaufhörlich, ohne bestimmten
Sinn gebraucht, weil man sie in jedem Winkel von jedem hört und
weil, indem er sie ausspricht, der Dumme sich beieits als Gescheiten
verehrt, und der Unwissende auf der Höhe der Erkenntnis
zu stehen meint.

Solches Los droht auch, wie es scheint, einem unserer Lieblingsworte
: bilden,Bildung, In Büchern, Broschüren, Leitartikeln
und Feuilletons, bei Tischreden, in Predigten und Salonunterhaltungen
, in offiziellen Schreiben, bei Vorträgen, in den
Lehrstunden im Gymnasium und in der Volksschule, — überall,
allüberall tönt dieses Gebrauchswort uns in den Ohren, und
Jammer befällt die Seele, sobald es ausgesprochen wird. Es wäre
wohl an der Zeit, an eine ernste Prüfung des Begriffes, welcher in
diesem Worte liegt, zu gehen, es wäre wohl Zeit, sich zu erinnern
, daß dieser Terminus „Bildung4, ohne Verbindung mit dem
Terminus „Konzentration" (Sammlung) keinen bestimmten Begriff
hat Es wäre Zeit, sich um Erklärung des Sinnes an unsere Allmutter
und Lehrerin — die Natur zu wenden. Es ist nicht schwer
von ihr zu lernen, daß alle Bildung von einem Mittelpunkt ausgeht
und ohne Mittelpunkt undenkbar ist, daß keine Blume sich
aus der Knospe entfaltet und keine Blüte eine Frucht ansetzt,
wenn das Zentrum der schaffenden Kraft, der Bildung und des
Umsatzes der Kräfte vertrocknet ist. Aber zum Unglück haben
wir der Natur vergessen, und ohne bei ihr anzufragen, stellen
wir unsere Kinderrezepte für Bildung zusammen. Wir wollen
mit rauher Hand, mechanisch, in der Blütenknospe die Staubfäden
aufdecken und ausbreiten, früher, als die Zeit für sie gekommen
ist, sich durch die innere Tätigkeit der Schaffenskraft zu entfalten
, — und freuen uns und nennen das Bildung; wir verderben
bloß die Knospe, und die von uns ausgebreiteten, aufgedeckten
Staubfäden vertrocknen ohne gesundes Blühen, ohne Hoffnung
auf gesunde Frucht! Ist das nicht ein wahnsinniges Beginnen
und ähnelt das nicht der Phantasie des Kindes in der Fabel, das
mit dem Becher das Meer ausschöpfen wollte? (S. 143.) Ein beschränkter
Mensch allein kann vielleicht über alles klare Gedanken
und Vorstellungen haben. Die teuersten Begriffe, welche
der menschliche Geist in sich birgt, befinden sich im tiefsten


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