http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1915/0516
504 Psychische Studien. XLII. Jahrg. 11. Heft. (November 1915.)
das Leben gehabt habe, ob die Sophistik nur die theoretische
Formel fand für das praktische Leben und Treiben der damaligen
Welt, oder die sittliche Korruption vielmehr eine Folge jenes zerstörenden
Einflusses war, den die Sophistik auf den gesamten
Vorstellungskreis der Zeitgenossen ausübte.*' (S. 49, 50.)
In seinem Beitrag an das Thompson' sehe Sammelwerk:
„Proofs of Life After Death" (Verlag: Small, Maynard & Company
, Boston, Mass. 15 Beacon Street) wirft. Professor E 1 m e r
Gates ebenfalls die hier berührte Frage auf, ob das Bewußtsein
unmittelbar Kenntnis von irgendeiner Wahrheit des Daseins
haben könne, welche der Geist nicht zuvor auf induktivem) Wege
erfahren hat, und erörtert sie unter anderem wie folgt: „Das Bewußtsein
hat seine eigene essentielle Natur, welche übereinstimmend
mit der Natur des Erkenntnisprozesses — und in Erweiterung
der Idee Kants — auch übereinstimmend mit der Natur
des Erkannten, für alle Erkenntnis grundlegend ist, und es schien
mir einleuchtend, daß die Natur des Erkenntnisprozesses mit der
immanenten Wesenheit de* Universums — dem Erkannten —
notwendig übereinstimmen muß, weil das Bewußtsein, als individualisiert
, generell davon abgeleitet worden ist und dynamisch
und psychologisch davon ein Teil ist. Wenn es im Universum
des Erkannten z. B. in der Natur der Körper liegt, Ausdehnung
zu besitzen, und wenn ein Körper, gleichgültig wie klein er sei,
ohne Ausdehnung nicht bestehen kann, — wenn das wahre Wesen
der Wirklichkeit derart ist, diese Tatsache nötig zu machen; dann
muß Bewußtsein — als ein Bestandteil der Realität und einerlei
Wesens mit ihr — so beschaffen sein, um zu wissen, daß ein ausdehnungsloser
Körper nicht bestehen kann.
Auf dieselbe Weise betont z. B. das Bewußtsein, daß etwas
existiert, das keinen Anfang hatte, und die Vernunft fügt bei,
daß sonst jetzt nichts bestehen würde; es behauptet nachdrücklichst
, daß der Raum keinen Anfang gehabt haben konnte, daß
Zeitdauer, daß Wahrheit ihn nicht gehabt haben konnte, und daß
irgend etwas oder etwas anderes als diese drei Ewigen mit ihnen
gleich ewig anfangslos gewesen sein muß — ein viertes Ewiges,
welches unverursacht gewesen sein muß; denn es gab nichts Vorhergehendes
, es zu verursachen. Jenes^ Etwas ist das ewige
Mysterium des Daseins, und wir können es mit Spinoza ,ewige
Subsanz nennen, oder Energie, Geist, Gott, oder ihm nach Belieben
einen Namen beilegen. Was es auch sein mag, so ist es
doch das, was das unwandelbare Substrat des sichtbaren und des
unsichtbaren Universums phänomenaler Kundgebungen bildet, und
in ihm müssen solche essentielle ewige Eigenschaften, wie Ausdehnung
, Fortdauer, Bewegung und Geist innerlich verbunden gewesen
sein; denn wenn Bewußtsein diesem vielen Ewigen nicht
ewiglich immanent war, wie konnte Geist oder konnten Geister
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1915/0516