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Peter: Eine Experimentalforschung.
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scheiden läßt. In Wirklichkeit werden sie miteinander vermengt
sein und das Endprodukt wird ein Gemisch aus beiden sein.
Wenn man die Anschauung annimmt, daß Trance-Täuschung
verbunden ist mit der Absicht, den Beobachter zu täuschen, wenn
auch unbewußt, so müssen wir uns fragen, ob die Handlungen
vollständig automatisch sind. Nun, wenn man die Phänomene
der Miss Burton betrachtet, so zeigen sich Beispiele, die unzweifelhaft
beweisen, daß sie teleologischer Natur sind,
welcher Quelle wir sie auch zuschreiben. Der Laie macht sich
die Sache leicht; er sieht alle unbewußten Handlungen für
automatisch an und zweifelt am Trance überhaupt. Für ihn ist
die einfachste Erklärung, anzunehmen, Miss Burton ist normal bewußt
, gibt aber an, unbewußt zu sein — mit einem Worte sie
betrügt und zwar völlig bewußt.
Prof. Hyslop zeigt nun in eingehender und geistvoller Weise
die Ähnlichkeit des Traumes mit dem Trance. Es ist falsch, zu
sagen, daß das Traumleben und der Trance „unbewußt" sind.
Richtig ist nur, daß kein Geisteszustand von Intelligenz im Schlafe
existiert, es ist eben das normale Bewußtsein aufgehoben. Im
Trance und im Traum kann jede einzelne Geistesfunktion aktiv
sein, ausgenommen das normale Gedächtnis an die Tätigkeit und
die introspektive Kenntnis einer sensorischen oder physischen
Welt. Das Traumleben ist eine Welt von Halluzinationen. Die
interpretierenden Funktionen des Intellektes können ebenso tätig
sein, wie im noi malen Zustand, aber sie sind nicht den Hemmungen
und Richtigstellungen (Correctionen) unterworfen, welche das
Serisorium liefert.
Die sensorische Anästhesie im Traume, wie im Trance schließt
diese korrigierende Beeinflussung aus und die inneren (internen)
Funktionen sind ihrem eigenen freien Willen überlassen, zu
schaffen und auszulegen nach ihrer natürlichen Veranlagung, aber
ohne die Notwendigkeit, sie einer äußeren Welt anzupassen. Das
Subjekt dieser Phänomene ist getäuscht und ist ohne Mittel, die
Täuschung zu entdecken. Über die Quelle dieser Impressionen
herrscht Unkenntnis; sie können subjektiv sein oder objektiv und
im letzteren Fall physisch oder spirituell.
Alles in allem: Der einzige Unterschied zwischen Traumleben
oder Trance und dem normalen Bewußtsein ist jene
Dissoziation der sensorischen und introspektiven Tätigkeit von den
allgemeinen Fähigkeiten der Seele. Das Subjekt ist gewöhnlich
nicht in der Lage, seinen eigenen Illusionen zu entgehen.
Selbst jenes Niederbrechen (collaps) bei Entdeckung der
„Täuschungen" und die beständige Wiederholung des Versuchs,
als wenn nichts geschehen wäre, das die Natur der Tatsachen enthüllte
, hat seine Analogie im Traumleben. Das Alpdrücken
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