Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
42. Jahrgang.1915
Seite: 542
(PDF, 159 MB)
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542 Psychische Studien. XLII. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1915.)

jener huldigt, in direktem Gegensatz steht, er selbst aber an der
absoluten Gültigkeit und Realisierbarkeit, der darin enthaltenen
Direktive zu zweifeln scheint, wenn er sagt: „Wehe den
Schwachen und Fallenden! Wehe den Überwundenen/' Freilich,
für dieses Leben ist das eine unumstößliche Wahrheit, und die
Regel der Lebensweisheit sagt einem jeden: kämpfe, sammle
deine Kräfte und erhalte sie dir, wenn du leben willst; für den
Schwachen ist in der Welt3) kein Platz, aber dieser Regel, wie
der Protestantismus, eine unbedingte, einem Dogma gleichkommende
Kraft im religiösen Sinne beizulegen, das ist es, wogegen
sich unsere Seele sträubt. —"

Wenn man dem Zeitgeist einer seichten Aufklärung einmal
so weit entgegenkommt, wie hier Pobedonoszew, so darf man sich
auch nicht wundern, daß es weiter kam als man wollte. „Gib
dem Teufel einen Finger und er nimmt die ganze Hand."

Wenn folgende Stelle aus den Korinther ^Briefen: „Was vor
der Welt töricht ist, hat Gott erwählt, um die Weisen zu beschämen
, und das Schwache vor der Welt hat Gott erwählt, um
die Starken zu beschämen", den Geist des Christentums richtig
darstellt, — und sie stellt ihn in der Tat ebenso richtig dar wie
die vorher angeführte Stelle —, dann erscheint Pobedonoszew
allerdings berechtigt, den englischen Protestantismus der direkten
Entstellung des evangelischen Wortes anzuklagen.

Die moderne christliche Theologie hat sich als intellektuelle
Disziplin dem Zauber der darwinistischen Theorie alsbald gefangen
gegeben und ihre Hauptlehren stillschweigend akzeptiert.
Dies trat dann bei den Vertretern der diversen christlichen
Kirchen als Besfreben zutage, ihre Systeme der neuen Lehre nach
Möglichkeit anzupassen, was bei dem „christlichen" Denker
Carlyle mit besonderer Schärfe hervortritt.

Gleich der Wissenschaft glaubt auch die moderne Theologie,
daß die natürliche Entwicklung im oberbewußten Geistesleben
des Menschen ihre Fortsetzung findet, ohne dabei zu bedenken,
daß, wie Pobedonoszew treffend bemerkt, in der Natur alle
Bildung und Entwicklung von einem Mittelpunkte ausgeht, und
daß sie ohne denselben ebenso undenkbar ist, wie die Entwicklung
von Blüte und Frucht ohne ein Zentrum der schaffenden
Kraft. Dieses Zentrum der schaffenden Kraft ist aber das
Unbewußte oder, wie es Du Prel nennt, Unterbewußte, inbezug
auf welches Primäre das Oberbewußte mit seinem Intellekt nur
ein Sekundäres ist Es ist ein verhängnisvoller Fehler der Entwicklungslehre
, das Oberbewußte anstatt des Unterbewußten als
Zentrum der schaffenden Kraft zu betrachten, und damit den
Schwerpunkt der Entwicklung aus dem Entwickelnden in das

3) Ja! in der Welt — der kapitalistischen Gesellschaftsordnung.


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