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Frendenberg: Streiflichter auf japanischen Kultus. 7
ist bezeichnend genug, und der Apfel gilt als das uralte Symbol
des Weibes. Auch entspricht diese Auslegung durchaus dem
Charakter des Jnari als Reisgott. Der Reis im Wasser, dem gleichfalls
seit den ältesten Zeiten als weiblich gedachten Element,
stehend, wird von dem Feuer der Sonne, dem männlichen Element,
zur Reife gebracht. Der im Vorraum des Tempels zum Verkauf
angebotene Pinienapfel mit einer Flamme an der Spitze stellt alsdann
eine Phallus-Yoni-Vereinigung dar. Vielleicht mit lebhafterer
Betonung des männlichen Faktors, womit sich der überaus
starke Besuch der Jnariheiligtümer durch Frauen sehr wohl verträgt
. Letzteres beweist uns z. B. die ganze asiatische und griechisch
-römische Kultgeschichte.
Somit charakterisierte sich der Jnarikultus in seinem tieferen
Wesen als die neue Form eines uralten Naturdienstes.
Phallus- und Yonidarstellungen sind überhaupt in Japan
keine Seltenheiten. Solche weist namentlich der große Tempel in
Osaka auf, der als Hauptschmuck den rot-weißen Zweiwirbel
trägt, das typische Linga-Yoni-Symbol, d. h. das männliche und
weibliche Element in seiner Vereinigung.
Verweilen wir noch einen Augenblick bei der Fuchssymbolik.
Neben dem Wiesel und der Schlange spielt der Fuchs, welche drei
Tiere der Chinese zu der sog. „großen Feenfamilie" rechnet
(Fuchs, Wiesel, Stachelschwein, Schlange, Ratte), als unsterbliche
Geister ansieht und als alte Männer darstellt, auch im japanischen
Volks- und Kultleben eine große Rolle. Ich hatte in Kyoto Gelegenheit
, mehrere Tempel^ zu sehen, in denen nur Schlangen in
Bild und Plastik in den verschiedenartigsten Stellungen ausgestellt
waren. Vor keinem Tempel aber fehlen wohl in den anstoßenden
Verkaufsbuden Schlangenfiguren in Porzellan oder Ton. In einem
gewissen Gegensatz hierzu wird das Wiesel, welches in Japan als
ein magisches Wesen von übermenschlicher Klugheit gilt, gleich
wie in China als ein alter Mann mit einem Wieselkopf und breitem
flachen Hut dargestellt, also nicht eigentlich in seiner tierischen
Gestalt. In der Hand trägt dieser Wieselmann eine Laterne. Wenn
nächtlich ein Irrlicht über die feuchten Reisfelder huscht, dann
ist es im Glauben *der Landleute das Wiesel, welches mit seiner
Laterne die Saaten inspiziert. So heilig ist dieses Tier indessen
doch nicht, daß sich die japanische Industrie nicht erlauben
dürfte, die typische Figur, zu welcher es geworden ist, geschäftlich
auszunutzen. In Nara nämlich formt man danach Krüge, die
mit dem köstlichen Naraer Reisschnaps gefüllt werden. Der breite
Hut dient dabei als Stöpsel, der, dem laternentragenden Wiesel
aufgesetzt, das Gefäß schließt.
Der Fuchs dagegen bleibt bei allen Nachbildungen, der
Schlange gleich, immer Fuchs, wiewohl man beim hieratischen
Fuchs von einer Darstellung nach der Natur nur in beschränktem
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