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20 Psychische Studien. XLIII. Jahrgang. 1. Heft. (Januar 1916.)
gleichfalls von selbst sich öffnendes Fenster zur Wohnung zurück.
Der Vorgang wiederholt sich mehr als einmal mit abwechselnden
Einzelheiten. Während der Zuschauer voll Staunen diese Begebenheiten
bewundert, entzünden sich die Lichter von selbst, wie
sie von selbst ausgegangen waren, und ein kalter oder warmer
Lufthauch wird von jedermann an dieser oder jener Stelle des
Körpers wahrgenommen. Derselbe teilt sich den Kleidern mit,
bläst bald die Ärmel, bald die Rocktaschen, bald die Hosen auf
und scheint die ganze Person umhüllen zu wollen. Inzwischen
huschen unsichtbare Hände umher, die an den Kleidern herumzerren
; dem einen nehmen sie die Uhr, dem andern das Taschentuch
, einem dritten das Notizbuch fort, und diese verschiedenen
Gegenstände befinden sich nachher im Schoß oder in den Taschen
anderer Zuschauer, die von den Leuten, denen sie abgenommen
wurden, weit abstehen. Anderen Personen reichen wieder andere
unsichtbare Hände die Hand, berühren deren Arme, Schultern,
Schenkel, Knie. Den einen streicheln sie, den andern zupfen sie
am Bart oder am Schnurrbart oder an den Haaren, einem
dritten werfen sie den Hut auf den Boden, wieder einem andern
geben sie Ohrfeigen, beschmutzen dessen Gesicht, Hände, Kleider
mit allerhand Unrat. Denjenigen, für welche diese geheimnisvollen
Wesen besondere Sympathien haben, fallen plötzlich Blumensträuße
, Schachteln mit Süßigkeiten und andere Gaben in den
Schoß. Woher diese Dinge kommen, ist nicht zu ermitteln.
Einige feine mechanische Arbeiten, die von jenen eben begonnen
waren, werden auf einmal ohne deren Zutun ganz vollendet,
Wenn unter den Zuschauern einer ist, welcher das Medium
ersucht, diesem Getöse ein Ende zu machen und statt dessen mit
den „Geistern" eine Unterhaltung zu beginnen, so ist das Medium
zu höflich, um nicht diesen Wunsch zu erfüllen.
- Die Stimmen lassen sich alsbald vernehmen. Bald kommen
sie von den Wänden, bald von der Decke, bald vom Boden,
bald von diesem, bald von jenem Möbel des Zimmers, bald aus
der Mitte der Kammer. Diese Stimmen sprechen einmal in gewöhnlicher
Redeform, dann deklamieren sie in rednerischer Weise,
oder erklingen in Weisen, die mehr oder weniger von einander
abweichen. Die Mitteilungen der „Geister" sind meist albern,
geistlos, unklar, unzusammenhängend und widerspruchsvoll, sie
zeigen wenig Spuren von einer höheren geistigen Intelligenz,
sind vielmehr der getreue Spiegel von dem Bildungsstand der
Anschauungs- und Sprechweise und der Religion des betreffenden
Mediums. Katholische Medien reden katholisch, protestantische protestantisch
usw. Die Spiritisten reden von „Foppgeistern" und „Lügengeistern
", die sich leider in alles einmischen sollen."
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