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Philalethes: Ein klassisches Muster metapsych. Phänomene. 21
Krach- und Klopf töne, die ab Beweise für die unsichtbare
Anwesenheit von Geistern geltend gemacht werden, können freilich
von manchen Personen beiderlei Geschlechts bei einiger Übung
künstlich hervorgebracht werden, durch Bewegung der Mittelhand-
knoehen und Stemmen der ganzen Hand gegen eine feste Fläche
oder durch die Knie- bezw. Fußgelenke usw.
Nach Maxwell u. a. sind aber diese Raps in den verschiedensten
Stellen und Gegenständen des Zimmers wahrzunehmen
und sind eine Wirkung der psychischen Kraft, welche auch außerhalb
des Körpers zu wirken imstande sein soll.
Prof. Hyslop konnte nur in einem einzigen Fall Klopfen
beobachten. Er fand, daß die Töne immer aus allernächster
Nähe der Hand eines der am Tische sitzenden Teilnehmer und
zwar nicht des angeblichen Mediums herkamen. Wenn die Person,
an deren Hand das Geräusch gebunden schien, den Platz wechselte,
so wechselte auch die Stelle des Klopfens.
Lichterscheinungen werden häufig beobachtet auch unter guter
Kontrolle. Am besten waren sie bei Dunkelheit, schwach auch
bei Licht mitunter wahrzunehmen. Man bringt sie mit den Ausstrahlungen
in Verbindung, die namentlich an den Fingerspitzen
häufig vorkommen sollen. Auch hier ist Nachahmung und Täuschung
leicht möglich. (Über medianime Lichter, s. Psych. Studien 1910.
S. 185 ff.) Man bemerkt überdies Verschwinden und Wiedererscheinen
von Gegenständen, die Durchdringung fester Materie,
die sog. Knotenexperimente, Verkettung von Ringen usw.
So müßte man tatsächlich jene unkörperlichen Spuk-, Polter-
und Lügengeister als Urheber der spiritistischen Erscheinungen ansehen
. Solchen, Spuk-, Lügen- und Poltergeistern dürfte auch die
Doppelgängerei wohl anstehen.
Wenn nun auch das Eingreifen von Lügengeistem in irdische
Verhältnisse nicht als unmöglich bezeichnet werden kann, ja das
meist wenig würdige Treiben der Spiritisten bei ihren Sitzungen
nebst ihren unchristlichen Geisteroffenbarungen und verkehrten
Religionsbestrebungen dem bösen Feinde einen recht günstigen Anhaltspunkt
zur Einmischung zu bieten scheint, so muß doch so
lange als möglich von der Wissenschaft eine rein natürliche Erklärung
versucht, müssen natürliche Kräfte, seelische Fähigkeietn
als Ursache der Erscheinungen angenommen werden. (Vergl.
Walter, „Aberglaube und Seelsorge" 1911). Denn es ist unseliger
Aberglaube, bei allem, was man nicht ganz erklären kann,
dämonischen Einfluß zu wittern. Auch dem Theologen steht in
diesem Punkt die Skepsis besser an als die Neigung zur dämonischen
Erklärung.
(Schluß folgt.)
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