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Kurze Notizen.
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Siegener Schrauben- und Mutternfabrik übereinstimmend von
einer seltsamen Luftspieglung, die sie am östlichen Himmel
, vormittags zwischen 8y2 und 9y2 Uhr beobachtet haben.
Es erschien zunächst eine Feuerrinne, die immer größer wurde
und schließlich wie eine Granate platzte. Nachdem sich das öfter
wiederholt hatte, kamen Berge zum Vorschein, in denen gegeneinander
kämpfende Soldaten sichtbar wurden. Auch sah man
eine Feuerlinie. Weiter erblickten die Beobachterinnen eine Anzahl
Krankenschwestern, die einen Berg hinaufstiegen. Deren
Hauben konnten sie ganz deutlich erkennen. Darauf zeigte sich
ein freier Platz, auf dem sich einige Krieger befanden, die in ein
kleines Haus marschierten. Deutlich war zu sehen, wie dann ein
Fenster zugemacht wurde. Nun wurde wieder ein Berghügel sichtbar
, auf dessen Spitze drei Soldaten schußbereit lagen. Zuletzt
sahen die Beobachterinnen in einem Berg Laufgräben, durch die
Soldaten hindurchliefen. Dann trat die Sonne stark hervor und
die Erscheinung verschwand. Eine ähnliche Luftspiegelung ist
kürzlich auch in Böhmen beobachtet worden.
(„Tagespost" Nr. 290, Linz den 27. Nov. 1915.)
c) Bestrafter Wahrsagerschwindel. Das
Stuttgarter „Neue Tagblatt" berichtet aus dem Gerichtssaal (Mitte
November 1915) unter der Spitzmarke: „Das »Medium* und der
totgeglaubte Soldat" wie folgt: Ein grober Wahrsageschwindel
führte ein Ehepaar von hier vor das Schöffengericht. Die angeklagte
Ehefrau besitzt in weiteren Kreisen den Ruf eines „Mediums
", und hat einen großen Zulauf von Personen, die in der
jetzigen Kriegszeit ihr Geld durchaus bei „Wahrsagerinnen" loswerden
wollen. So kam zu dem Ehepaar eine Wirtsfrau von
Winnenden mit dem Auftrage, für eine Nachbarin Erkundigungen
über deren Neffen einzuziehen. Nachdem der angeklagte Mann
seine Ehefrau angeblich in Hypnosezustand versetzt hatte, gab
diese an, daß der junge Mensch bereits vor zwei Monaten im
Felde gefallen sei. Für die Auskunft hatte die Wirtsfrau 3 Mark
gezahlt. Als der Auftraggeberin der Tod ihres Verwandten mitgeteilt
wurde, war sie untröstlich. In diesem aufgelösten Zustande
ging sie auch zu dem Geistlichen in Neckargröningen. Dieser
hatte die größte Mühe, die Frau zu beruhigen. Wie sich bei den
näheren Nachforschungen herausstellte, hatte der totgesagte Neffe
überhaupt nicht im Felde gestanden und erfreute sich nach wie vor
seines Lebens. Ein Brief des Pfarrers an das Stellvertretende Generalkommando
, in dem um Einschreitung gegen den Schwindel gebeten
wurde, führte zu der Erhebung der Betrugsanklage gegen
das „Wahrsager"-Ehepaar. Das Schöffengericht war der Überzeugung
, daß sich das ganze Gebaren der beiden Angeklagten als
grober Schwindel darstelle und verurteilte die Angeklagten unter
Berücksichtigung ihres getrübten Vorlebens zu je einem Monat
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