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46 Psychische Stadien. XLIII. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1916.)
Gefängnis. — Auch der nachfolgende Fall mag zur Warnung vor
Mißbrauch der „Wahrsagekunst** dienen. Wir lesen ebendort:
♦♦Wegen Betrugs hatte sich die Musikersehefrau Rosine Schütt vor
dem Schöffengericht zu verantworten. Die Angeklagte betrieb die
Wahrsagerei gegen Entgelt. Sie hatte großen Zulauf, besonders
von Kriegerfrauen. Mehrere Zeuginnen bekundeten, daß das, was
die Angeklagte gesagt habe, auch eingetroffen sei. Vor dem Gericht
die Karten zu legen, dazu war die „Prophetin** nicht zu bewegen
. Auf 100 Mark Geldstrafe lautete das Urteil.** Vivat
sequens!
d) Hat Dom Bosco über das Papsttum im
Weltkrieg propezeit? — Es ist in letzter Zeit mehrfach
die Rede davon gewesen, daß der große Armen- und Waisenfreund
Dom Bosco von Turin (gestorben 31. Januar 1888) über
den Weltkrieg und besonders über das Schicksal des Papsttums
in ihm prophezeit habe. Bekanntlich ist der außerordentliche
Mann, dessen Seligsprechung im Gange ist, der Schöpfer riesenhafter
Wohltätigkei4nstalten in Turin, deren Segensfülle sich
über ganz Italien und weit darüber hinaus ergießt, und sein Name
ist volkstümlich in seinem Vaterlande wie kaum ein anderer unserer
Zeit. Auch in Deutschland ist Dom Bosco vielgenannt. Die
Kölnische Volkszeitung brachte zur Jahrhundertfeier seiner Geburt
(geb. 16. August 1815 zu Castelnuovo in Piemont) aus der
Feder eines deutschen Schulmannes einen prächtigen, vielbeachteten
Artikel, worin auch von der seherischen Natur Dom Boscos die
Rede war; „Über die obengenannte angebliche Prophezeiung is.t
aber bislang nichts Sicheres bekannt gewesen. Nun hat Professor
zur Bonsen, der Verfasser des „Zweiten Gesichtes**, in seiner
Schrift „Die Prophezeiungen zum Weltkrieg** (4. bis 6. Tausend,
Köln, Bachem, 1.80 Mark, geb. 2.40 Mark) festgestellt, daß sie
tatsächlich existiert. Dom Boscos schriftlicher Nachlaß ruht im
Vatikan. Dort ist im Frühsommer 1913 eine Abschrift von der
Prophezeiung genommen und diese dann von einem italienischen
Bischof vor einem Kreis von Zeugen verlesen worden. Einer
dieser Zeugen hat, wie zur Bonsen mitteilt, über den Inhalt ihm
eine Erklärung abgegeben mit dem Anheimstellen, von ihr Gebrauch
zu machen. Die Prophezeiung stammt aus dem Jahre 1869 und
beruht auf einer Vision. „Ich sitze auf meinem Zimmer,** so beginnt
Dom Bosco, „da scheint sich die Decke zu öffnen, und ich
sehe Dinge, die getreu wiederzugeben einem Menschen unmöglich
ist. Nichtsdestoweniger werde ich versuchen, sie zu beschreiben,
soweit meine Kräfte es gestatten, weil es mir so im Gehorsam aufgetragen
ist.** Was Bosco zunächst erschaut, ist das Bild Frankreichs
, wie es sich im Jahre 1870/71 verwirklicht hat. Die Angaben
darüber sind verblüffend. Und nun erfaßt des großen
Sehers Blick sein Vaterland Italien. Er schaut das Land in dem
V
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