Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
43. Jahrgang.1916
Seite: 60
(PDF, 148 MB)
Bibliographische Information
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60 Psychische Stadien. XLIII. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1916.)

Das Allerschönste von Nara aber sind seine Wälder, die am
Mikasaberg geradezu urwaldartigen Charakter tragen. Tausendjährige
Baumriesen bilden hier „heilige Hallen*', die eine tiefandachtsvolle
Stimmung erwecken. Und ihren kühlen Schatten
durchziehen ganze Alleen von Steinlaternen, darunter eine, welche
aus nicht weniger als 2000 Laternen besteht. Welch unvergleichlicher
Anblick, wenn diese zu Ehren der Götter entflammt
nächtlicherweile das Dunkel der Wälder erhellen! —

Schließen möchte ich nunmehr meinen Streifzug durch
Japans Kultus- und Kulturstätten mit den schönen Wrorten unseres
deutschen Landsmannes Max Müller:

„Es gibt falsche oder wenigstens unvollkommene Gottesnamen
, niemals aber Namen von falschen oder unvollkommenen
Göttern. Das Gefühl des Unvermögens, die ganze Fülle und Unendlichkeit
des Göttlichen zum Ausdruck zu bringen, führte zum
Aufsuchen immer neuer Namen, bis schließlich aus jedem Bereich
der Natur, in welchem sich eine Annäherung an Göttliches entdecken
ließ, dem Allmächtigen ein Name gegeben wurde.

Wurde die Gegenwart des göttlichen Wesens im Sturmwind
gespürt, so wurde der Sturmwind sein Name. Verspürte man
seine Anwesenheit im Erdbeben oder Feuer, so wurde Erdbeben
und Feuer seine Benennung. —

Die Welt hat ihre Kindheit, und als sie ein Kind war, sprach
sie wie ein Kind. Ihre Gedanken waren die eines Kindes. Und
aus Kindermund kommend war ihre Sprache wahrhaftig und echt,
und ihre kindlichen religiösen Vorstellungen waren gleicherweise
wahrhaftig und echt. Der Fehler hegt nur bei uns, wenn wir
darauf bestehen, die Sprache eines Kindes für die eines Mannes
anzusehen, wenn wir versuchen, alte Sprache in moderne Sprache
buchstäblich zu übertragen, Orientalisches in Okzidentalisches,
Poesie in Prosa.

Wenn wir bedenken, daß sich Religion an die geistigen
Fähigkeiten derer anpassen muß, welche sie beeinflußen soll, so
wird es uns nicht überraschen, wenn wir da echte Religion finden,
wo wir nur entartenden Aberglauben oder ein^ abgeschmackte
Verehrung von Götzenbildern anzutreffen glaubten. Religiöse
Regungen, wo immer wir solche gewahr werden, sind stets heilig.
Mag eine Religion noch so unvollkommen, noch so kindisch sein,
stets versetzt sie die menschliche Seele in die Gegenwart Gottes.
Und wie unvollkommen und kindisch solch eine Vorstellung \on
Gott auch sein mag, so stellt sie doch immer das höchste Ideal
von Vollkommenheit dar, welche der menschliche Geist zu seiner
Zeit fassen und erreichen kann.


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