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64 Psychische Studien. XLII1. Jahrgang. 2 Heft. (Februar 1916.)
welche ebenfalls, wenn sie sich nicht auf Erden herumtrieben, in
der Luft, zunächst der Erde, ihre Wirkungssphäre erhielten. Dies
waren unter anderen die Geister, welche Stürme und Ungewilter
erregten, und die Luft in Aufruhr brachten, was freilich im siebenzehnten
Jahrhundert jede gemeine Hexe auch konnte.
Diese verschiedenen Geistergattungen nun waren es denn,
welche in den Wolken und bisweilen auf Wasser und Land allerhand
Schauspiele darstellten; bald in der schadenfrohen Absicht,
die unglücklichen Bewohner des ringsum mit übelwollenden Geistern
umgebenen Planeten zu erschrecken und zu ängstigen, bald in
ihren eigenen Angelegenheiten, und um ihre Geschäfte abzutun,
bald endlich, wie's schien, zu ihrer Unterhaltung und Übung, etwan
in militärischen Evolutionen, worin sie es weit gebracht hatten, wo
nicht aus purer langer Weile, aus der sich wirklich manche ihrel
aberwitzigen Repräsentationen und alle mehr als lächerlichen
Narrenpossen,3) welche man sie zu jener Zeit so häufig in den
Lüften machen ließ, noch am besten erklären lassen. Die Luft-,
wenigstens die Elementar- und Astralgeister waren überdies nicht
alle feindselig und bösartiger Natur. Diese machten auch wohl
in guter Absicht nicht bloß in den Wolken, sondern auch auf
Erden allerhand Vorstellungen, und gaben den Erdbewohnern
durch Gesichte und Erscheinungen mancherlei Art bevorstehende
Dinge zu erkennen, um sie auf allgemeine Trübsale vorzubereiten,
sie zu warnen und zur Geduld, Vorsicht, Klugheit usw., ja zur
Buße und Besserung zu erwecken, um womöglich den nahen Zorn-
gerich:en zu entgehen/*— (Georg Conrad Horst, „Deuteroskopie**.)
Die Neigung des Menschengeistes zu Extremen tritt auch in
den heterogenen Erklärungen dieser Phänomene offen zutage.
Wenn man übrigens die metaphysische Erklärung des Mystikers
mit der physikalischen des Rationalisten vergleicht, so wird man
unparteiischerweise einräumen müssen, daß sich jene von dieser
insoferne noch vorteilhaft unterscheidet, als sie wenigstens das
Bestreben zeigt, sich den Tatsachen anzupassen, nicht aber wie
diese, sich durch Fälschung von Tatsachen zu behaupten, welches
letztere Verfahren als jeder Wissenschaftlichkeit hohnsprechend
nicht genug gebrandmarkt werden kann.
Wäre die Menschheit im allgemeinen nicht ein völlig ge-
dankenloser Haufe, der das Naturwidrigste glaubt und das Natürlichste
leugnet, sobald es ihr von autoritativer Seite suggeriert
wird; so hätten sich jene extremen Theorien alsbald überleben
müssen und Professor Daumers eidolomagische Theorie, würde,
anstatt völliger Vergessenheit anheimzufallen, als eine psychologische
3) Dergleichen Narrenpossen erscheinen aber vollkommen vernünftig
, wenn sie von Menschen auf Erden aufgeführt werden. —
„Nosce te ipsum!"
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