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Philaiethes: Ein klassisches Muster raetapsych. Phänomene. 67
acht Augenzeugen beglaubigt, von vier Ärzten untersucht, im
„Ulmer Tageblatt" Nr. 299 und im „Laupheimer Verkündiger*4
Nr. 148 erschienen und bei Kiesewetter, „Geheimwissenschaften"
S. 615 eingehend besprochen worden. Letzterer erinnert dabei an
das 1782 „behexte" Töchterchen des Züricher Arztes Tschudi, an
die von Wier berichteten Vorgänge in den Klöstern zu Wertein,
Köln, Berg, an die Vorgänge zu Unterzell bei Würzburg 1 749. —
Auch Schindler schildert als Augenzeuge, wie 1847 der Knabe
Paul in Oelse eine Menge roher Erbsen, eine Eichel, eine Zichorienwurzel
in ähnlicher Weise von sich gab.
Im „Hexenhammer" finden sich von drei Inquisitoren ähnliche
Spukvorgänge erwähnt. „Und wirklich erschienen die Dämonen
vor unsern Fenstern bei Tag und bei Nacht in Gestalt von Affen,
Hunden und Ziegen und verführten einen Höllenlärm. Als eines
Nachts einer von uns aufstand, empfing er vom Fenster her, ob-
schon dasselbe von der Erde aus nur mit einer sehr langen Leiter
zu erreichen gewesen wäre, einen heftigen Wurf an den Kopf;
als er nachsah, fand er in dem Tuch, das er um den Kopf geschlungen
hatte, eine lange Nadel festgespießt, welche jedoch die
Haut nicht verletzt hatte "
Nach Luther's Tischreden sind Spukerscheinungen und alles
übersinnliche Wirken als Kraftäußerungen des Teufels aufzufassen
und er glaubt, daß aus den von den Heiligen geschlagenen und
überwundenen Teufeln Poltergeister und wilde Fopper würden.
Im neuesten Werk des P. Grisar über Luther wird im III. Bande
ein eigenes Kapitel über den Spuk im Leben Luthers vorkommen.
Da aber dieser Band zur Zeit der Abfassung dieser Studie noch
nicht erschienen war, konnte diese Quelle nicht ausgebeutet und
verwertet werden. Die schon überreiche Lutherliteratur, welche
in unseren Tagen durch die beiden Forscher Denifle und besonders
durch das genannte dreibändige Werk des Jesuiten Grisar
(1910—12), eine Art Enzyklopädie, ein unübertreffliches Quellenwerk
ersten Ranges, eine sehr wertvolle Ergänzung erhalten hat,
ermöglicht nun ein näheres kulturhistorisches Studium des großen
Reformators und bietet gewissermaßen einen eigenen Abschnitt
über den dämoniakalen Sektenstifter und seine Spukerlebnisse in
die Geschichte des Okkultismus einzuschalten. —
In Romanen und anderen Erzählungen werden meist zur
bloßen Unterhaltung sensationelle nervenerregende Tatsachen geschildert
, welche offenbar lediglich im Gehirnkasten des betreffenden
Autors entsprungen sind und mit Unrecht den Namen Spuk
führen. Diese Schriftsteller haben größtenteils nur eine blasse
Ahnung von wirklichem Spuk, sie würfeln alle seltsamen rätselhaften
Ereignise zusammen, Erscheinungen, Ahnungen, Warnungen
u. dgl.
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