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68 Psychische Studien. XLIII. Jahrgang. 2. Heft. (Februar 1916.)
Einseitig bleibt aber jede Abhandlung über den Spuk, sein
Wesen, seine Erscheinungen, wenn derselbe getrennt, für sich
allein, studiert und erforscht wird. Wie man bei den Spiritistensitzungen
, noch mehr bei den Besessenheitserscheinungen, bei seltsamen
Krankheiten überhaupt, es bestätigen muß, gehört er ins
Reich der Zauberei mit ihren zahlreichen Gattungen und Abarten
(weiße und schwarze Magie usw.). in deren Zusammenhang er
auch erforscht und wissenschaftlich behandelt werden muß. Dasselbe
dürfte von den Visionen, dem zweiten Gesicht, den Prophezeiungen
, dem Hell- und Fernsehen, den telepathischen Mitteilungen
, Hypnotismus, Spiritismus, in einem Werte vom ganzen
dunkeln Gebiete des Okkultismus, jenem Urwalde von giftigen
Schlinggewächsen, gelten, die sich als Ranken des Aberglaubens,
als Schatten und Krankheiten des Seelenlebens darstellen.
Der JCulturhistoriker, welcher den Zusammenhang der heutigen
Phänomene des Spuks mit den Vorgängen in früheren Jahrhunderten
zu erforschen hat, wird ähnlich wie beim Hexenwahn
und beim Spiritismus bald zur Einsiri t gelangen, daß derselbe
das Modekleid eines jeden Menschenalters mit der darin herrschenden
Zeit- und Geistesrichtung annimmt, daß man vielfach eine
Prädisposition, eine krankhafte mediumistische Veranlagung bei
den beteiligten Personen annehmen kann. Wie normale, gesupd-
heitsliotzende Personen weniger empfänglich sind für Mikroben
und aädere Krankheitserreger, hingegen andere, hysterisch Veranlage
, ein fruchtbares Feld für Bazillen bieten, so dürften, wie
Dr. Lombroso mutmaßt, auch einzelne Menschen trefflichere
Med c i für Spuk abgeben. Nach meinen persönlichen Studen,
Ansicr ren und Erfahrungen bietet der Spuk von allen Zweimen
urd Ciebieten des Okkultismus, noch mehi als Spiritismus und
Hypnotismus, ja als Hexenwahn, dem Naturforscher die allergrößten
Schwierigkeiten, mit rein natürlichen Kräften bzw. Fluiden
denselben auf sog. natürliche Weise zu erklären. Ein löbliches
Beginnen darf deshalb der Versuch genannt werden, den Männer
der empirischen Psychologie, der Natur- und Arznei-Wissenschaften
gerade diese auffallenden, die öffentliche Meinung tief aufregende
Tatsachen zu näherem Studium und damit zur Aufklärung vorzuhalten
.
Im Jahre 1910 hatte ich eine Sammlung von Spukerscheinungen
, \vie sie in der Pariser Tageszeitung „Matift" 1908 besprochen
werden, in einem Vereinsblättchen der Luxemburger Naturfreu ide
veröffentlicht. Hier die Einleitung: „Nach den neuen Statuten
des Vereins soll die Gesellschaft der Lux. Naturfreunde nach ihrer
Fusion aus der I riebkräftigen Asche zweier Vereine die Liebe zum
Naturstudium in allen Schichten des Volkes anfachen und unterhalten
, da dies als Grundlage allen Wissens die Veredlung von
Körper und Geist des Menschen anstrebt. Vorträge auf allen Ge-
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