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Freudenberg: Dr.Herzig über Zwangsvorstellung U.Halluzination 105
ab und begab sich, um sich zu beruhigen, in den Garten. Daß
ihr Verlobter als Offizier im Felde stand, legte ihr eine trübe
Deutung des Erlebnisses nahe. Wenige Augenblicke nach dem Betreten
des Gartens flatterte die Feder einer vorüberfliegenden
Elster vor ihren Füßen zur Erde. Meine Schwester hob sie auf
und zeigte sie meiner eben aus dem Hause tretenden Tante, die
bemerkte: ,Mädel, das bedeutet nichts Gutes.' Daraufhin erzählte
ihr meine Schwester jenes vorige Erlebnis. Es vergingen
einige Wochen besorgten Wartens auf Nachricht aus dem Felde.
Mitte September kam endlich die Meldung vom Fall des Verlobten
in der Schlacht von Saarburg am 20. August zwischen
ein und zwei Uhr. Die nachträgliche .Feststellung des
Datums der Vision ist nicht zuverlässig gelungen, doch kann es
nur der 19. oder 20. August gewesen sein. Dies der wahrheitsgemäße
Bericht von dem Vorgang. Den abergläubischen Teil
(mit der Elsterteder) habe ich mit dem telepathischen angegeben,
weil er sich in der Verkettung mit dem ersteren zugetragen.*'3) —
Dr. Herzig über Zwangsvorstellung und
Halluzination.1)
Eine Besprechung von Dr. Freudenberg, z. Z. Kassel-
Wühelmshöhe.
Die untenstehend angegebene Broschüre, in welcher der Verfasser
die beiden genannten, jeden Psychologen in hohem Grade
interessierenden Gegenstände behandelt, bildet das 8. Heft der
Sammlung „Natur und Kultur". Wenn dieselbe auch vorwiegend
für Fachleute und besonders für Nervenärzte bestimmt ist, so zeigt
doch der Verfasser dadurch, daß er den technischen Ausdrücken,
sei es in Klammer, sei es unter dem Strich, eine Verdeutschung
oder Erklärung hinzufügt, an, daß er dieselbe gleichfalls gerne
in der Hand gebildeter Laien sehen möchte.
Herzig behandelt die gesamte wissenschaftliche Literatur
des beregten Gegenstandes kritisch und legt sodann seine eigenen
Anschauungen dar, die sich auf eine ausgedehnte persönliche
praktische Erfahrung stützen.
Ihm auf dem ersteren Wege zu folgen, müssen wir uns des
Raummangels wegen versagen und können daher nur kurz die
3) Die Namen und genauen Adressen der sehr ehrenwerten
Personen, von welchen der hoch würdige Herr Einsender die Beweise
für obige Vorkommnisse erhalten hat, liegen unserer Schriftleitung
vor. — M.
^Zwangsvorstellung und Halluzination. Von
Dr. E. Herzig, Arzt an der Niederösterreichischen Landes-
Heil- und Pflegeanstalt in Wien. 8°. 140 gelten. Verlag Natur
und Kultur. München, 1915. Preis 1,20 M.
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