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106 Psychische Studien. XLIII. Jahrgang. 3. Heft. März 1916)
Ansichten des Verfassers über Zwangsvorstellung und Halluzination
skizzieren.
Nach dem Verfasser handelt es sich bei der Zwangsvorstellung
um psychische Vorgänge, deren Auftreten, deren Dauer
und deren jeweiligen Verlauf der normale Mensch zu regeln, zu
beherrschen imstande ist. Die notwendige Bedingung, von einem
psychischen Zwangs vorgange sprechen zu können, ist der innere
Kampf, welchen das Individuum aus Anlaß des Auftretens jener
Vorstellung an sich t und in Verbindung mit dem Drange zum
Handeln der Wille, auf Grund eines entgegenstehenden Erkenntnisaktes
mit sich zu bestehen hat. Dieser ganze Kampf spielt sich
auf dem Felde des Bewußtseins ab, ohne daß außerhalb desselben
auftretende Faktoren in Betracht kommen.
Dieser Begriff des psychischen Zwanges ist vielfach irrtümlich
verkannt, seltener zu enge, meist zu weit gefaßt worden.
Zwangshalluzinationen, Zwangsernpfindungen, zwangsmäßige
Angstempfindungen und zwangsmäßige Tiks, fallen nicht darunter.
Aber auch nicht der Drang zum Diebstahl, Wandersucht, sexuelle
Perversitäten. Diese Triebe sind etwas im Körperlichen Gelegenes,
also dem bestimmenden Einfluß des Subjekts Entzogenes. Der
Trieb als solcher kann nicht als Zwangstrieb bezeichnet werden,
da er kein psychischer Vorgang ist.
Man begeht nach des Verfassers Auffassung einen Fehler,
wenn man als das Wesensmerkmal der Zwangsvorgänge die Un-
verdrängbarkeit derselben annimmt. Diese ist ein viel zu allgemeines
Symptom für verschiedene psychische Vorgänge, als daß
man auf ihm eine eigentümliche Symptomengruppierung aufbauen
könnte. Nur auf Grundlage des erkannten psychologischen Ursprungs
des subjektiven Zwanges, des Kampfes gegen den Willen,
kann eine klar verständliche und allseitig befriedigende Erklärung
und Abgrenzung des Begriffes der Zwangsvorstellungen und der
Zwangsvorgänge gewonnen werden. Zu einem gleichen Urteil gelangt
der Verfasser bei der Erklärung der Entstehung der Zwangsvorgänge
.
Fassen wir nun gleich ihm den Kampf des Willens gegen andrängende
Hindernisse seiner aliein durch Vernunftgründe hervorgerufenen
Entscheidung als das Charakteristikum des psychischen
Zwanges auf, so können wir demgemäß nur jene Fälle der durch
dem Bewußtsein von außen zugeführte Antriebe mitbestimmenden
Handlungen in Betracht ziehen, bei welchen es zu einem Konflikt
zwischen dem von der Vernunft geleiteten Willen und jenem Antriebe
kommt. Bedingung ist also die von der Vernunft erkannte
Widersinnigkeit des Triebes.
W e s t p h a 1 hat die Platzfurcht als ein Schwindelgefühl
aufgefaßt, welches durch den Anblick der weiten Leere erzeugt
wird und das ebenso wie beim Höhenschwindel direkt das Weiter-
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