Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
43. Jahrgang.1916
Seite: 107
(PDF, 148 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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Freudenberg: Dr. Herzig überZwangsvorstellungu.Hulluzination. 107

schreiten des davon Befallenen verhindert. Daß es sich aber dabei
flicht sowohl um starke Schwindelgefühle, sondern doch um Vorstellungen
handelt, geht dem Verfasser zufolge mit ziemlicher
Klarheit aus der Tatsache hervor, daß jenes Gefühl ausbleibt,
sobald der Betreffende nicht allein, sondern in Begleitung irgend
einer Person, sei sie auch nur ein kleines Kind, den Platz betritt.
Allerdings kann sich* hierbei der Besprecher die Bemerkung nicht
versagen, daß auch beim Höhenschwindel die Vorstellung eine
große, der Platzangst wesensverwandte Rolle spielen dürfte, denn
auch der Höhenschwindel kommt gar nicht zur Erscheinung oder
wird wenigstens teilweise unterdrückt, wenn der dazu Geneigte in
Gesellschaft ist oder ihm seitens dieser ein Halt geboten wird,
z. B. ein Handreichen oder ein Festhalten am Rocke, was ja doch
im Augenblick einer wirklichen Gefahr des Absturzes als Hilfe
völlig versagen würde.2) Auch hier ist es also nur eine
scheinbare Hilfe, welche dem Betreffenden die Unterdrückung
des Schwindelgefühles möglich macht, wodurch sich in
diesem Falle gleichfalls eine Vorstellung als bei der Veranlassung
beteiligt herausstellt.

2) Der Berichterstatter kann sich nicht versagen, hier einen
psychologisch interessanten Fall einzuschalten, den er in seiner
Praxis selbst zu beobachten Gelegenheit hatte. Ein anscheinend
geistig ^anz normaler Knabe war von dem etwas rohen Bademeister,
sobald ihn dieser erstmalig an die Leine genommen hatte, ohne jeden
Grund in formloser Weise und überraschend ins Wasser geworfen
worden. Dies hatte einen solch starken Eindruck auf den Jungen
gemacht, daß diesen, sobald er an der Leine bezw. vermittels derselben
an der vorgestreckten Stange frei in der Mitte des Badebassins
schwebte, eine entsetzliche Angst ergriff, und daß er verzweiflungsvoll
verlangte, wieder an Land gezogen zu werden. Unglücklich in
dem Gedanken, er werde durch dieses Angstgefühl darum gebracht
werden, überhaupt schwimmen zu lernen, was doch sein dringender
Wunsch war, bat er den Bademeister, ihn an Leine und Stange
langsam von der Treppe aus in die Mitte des Bassins hinzuleiten.
Dies geschah. Aber frei im Wasser schwebend ergriff ihn aufs Neue
das erstempfun dene Angstgefühl und ließ ihm nicht die nötige Ruhe
und Besonnenheit, den Weisungen des Schwimmlehrers nachzukommen
. Der arme Knabe, hierüber recht unglücklich, kam nun
auf folgende Idee, die nichts anderes war als ein bewußter
Selbstbetrug. Er befestigte an dem Gitter des Bassins — es
handelte sich um eine Badeanstalt im j&heinstrom — einen feinen
Bindfaden, den er m der Hand behielt, als er von der Treppe ins
Wasser abstieß. Dieses Gefühl, mit dem Ufer auf irgendeine Weise
in Verbindung zu stehen, beruhigte ihn und genügte vollkommen
seinem Zweck, wie wohl er ganz überzeugt wußte, daß der Faden
unfehlbar zerreissen würde, wenn er in Wirklichkeit den Versuch
hätte machen wollen, siih an ihm ans Ufer zu ziehen. Die ersten
Stösse machte der Knabe mit dem Faden in der Hand, dann ließ
er diesen los. Am folgenden Tage stieß er nicht mehr von der
Brücke ab, sondern sprang direkt vom Bassinrand an der Leine
ins Wasser. Der gewünschte Zweck, das Angstgefühl zu überwinden
, war erreicht.


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