http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1916/0114
110 Psychische Studien. XLIII. Jahrgang. 3. Heft. (März 1916.)
kommen der Halluzinationen", „Beteiligung des peripheren Sinnesapparates
beim Zustandekommen der Halluzinationen** und „Die
Stellung des Bewußtseins des Halluzinanten gegenüber seinen
Halluzinationen*4.
Nur aus diesem letzten Kapitel sei angeführt, daß der Verfasser
die Halluzinationen als Wahrnehmungen den Vorstellungen
gegenüber setzt. Die Bewußtseinstellung des Halluzinanten zu
seinen halluzinatorischen Wahrnehmungen ist nach ihm dieselbe
wie die des normalen Bewußtseins gegenüber den normalen Wahrnehmungen
. Einen wichtigen Fingerzeig zum Verständnis dessen
ergibt ein Vergleich mit dem Vorgange der Pseudohalluzination.
Auch hier ist die halluzinatorische Wahrnehmung unmittelbar gegeben
. Der Pseudohalluzinant zweifelt im Moment der Wahrnehmung
nicht daran. Erst nach dem Zeitpunkt des Auftretens
derselben beginnt er aus den Umständen seiner Umgebung sich
klar zu werden, daß er es mit einem ungewöhnlichen Vorgang zu
tun hatte. Und nun nimmt er auf Grund seiner Einsicht eine
Korrektur vor. Daß das der wahre Halluzinanl nicht tut und
nicht tun kann, ist nach des Verfassers Ansicht das Charakteristikum
des Halluzinantenbewußtseins.
Gerne würden wir aus den geistvollen Ausführungen dieses
und der anderen genannten Kapitel noch manches Wertvolle und
Interessante anführen und herausschöpfen, wenn uns nicht die
Raumbeschränktheit Maßhaltung auferlegte. Wir verweisen deshalb
die Leser auf das Original selber, dessen Beschaffung wir
bestens empfehlen, und beschränken uns auf eine Wiedergabe der
Sätze, in denen der Verfasser selbst seine Darlegungen zusammenfaßt
:
1. Wahrnehmungen und Vorstellungen sind zwei qualitativ
verschiedene, quantitativ unvergleichbare psychische Zustände.
2. Bei dem psychopathologischen Zustande der Halluzinationen
wird der normale Vorgang der Sinneszentrenerregung umgekehrt
von der Vorstellung zur Wahrnehmung.
3. Zum Wesen der Halluzination gehört ein abnormer Bewußtseinszustand
und ein abnormer Sinneszentrenzustand.
4. Man kann nicht sagen, durch welche psychologischen Umstände
diese Umkehrung bewirkt wird.
5. Für die Bezeichnung des in Betracht^ kommenden Zu-
Standes der Sinneszentren ist ein treffender Ausdruck nach der
Natur desselben als eines rein intrazerebralen nicht zu bestimmen.
6. Die Theorie des psychophysischen Parallelismus versagt
vollständig bei der Erklärung der Halluzinationsgenese.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1916/0114