Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
43. Jahrgang.1916
Seite: 121
(PDF, 148 MB)
Bibliographische Information
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Kaindl: Teleplastik und Fata Morgana.

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wie über etwas ganz unerwarteterweise von außen Kommendes in
Schrecken, Verlegenheit und Erstaunen geraten. Das was uns der
Traumgenius im Wachen gibt, ist dasselbe wie im Schlafe; es ist
so wenig das einfach mit uns selbst, als diesem tagwachen offenbaren
Ich, Übereinstimmende, daß es nicht selten sogar das Gepräge
entschiedener Antithese, Opposition, ja man möchte sagen
Feindschaft und Bosheit trägt. Wir werden von ihm zu Zeiten getröstet
, beruhigt, beglückt, entzückt; aber auch gequält, erschreckt,
geängstigt, sogar ironisch behandelt, geärgert, verhöhnt, beschämt,
geneckt. Dies geht in manchen Fällen so weit, daß der Zustand
ein pathologisches Ansehen gewinnt und an den Wahnsinn streift,
wie denn überhaupt eine nahe Verwandtschaft besteht zwischen
Traum und Wahnsinn, welchen letzeren man oft ganz entsprechend
als einen in abnormer Weise, statt in der Schlaf- und Traumregion
zu behairea, in die des Wachens heraustretenden Traum
bezeichnen kann.

Im Schaffen des genialen Künstlers finden wir ebenfalls die
Traumphantasie in wachem Leben wirksam und zwar, wie aus
folgenden Beispielen ersichtlich, nicht selten in halluzinatorischer
Weise.

Bei dem Dichter Otto Ludwig fand bei produktiver Betätigung
eine leidenschaftliche innere Bewegung statt; er hörte
Klänge, sah Gestalten; es schwebten ihm diese in Gruppen
farbig vor Augen; sie wurden ihm sogar äußerlich sichtbar;
als er z. B. ein Trauerspiel: „Andreas Hofer** projektierte, stand
die Gestalt des riesigen Tirolers als großer Schatten auf seinem
Wege. Er erkannte darin nur eine Halluzination; aber in stiller
Nacht, wenn er träumte oder auf seinem Lager wachte, erhielten
die Gebilde eine quälende Deutlichkeit. „Es geht,** sagt er selbst,
„seine musikalische Stimmung voraus; die wird zur Farbe; und
dann sehe ich Gestalten, eine oder mehrere, in irgend einer Stellung
oder Gebärde, wie ein Kupferstich auf Papier von jener Farbe,
oder wie eine Marmorstatue oder plastische Gruppe, auf welche
die Sonne durch einen Vorhang fällt, der jene Farbe hat** usw.5)

Ein anderes Beispiel ist der Maler, Kupferstecher und Dichter
William Blake (gest. 12. August 1828), dessen äußere Lebensumstände
uns zugleich ein erhebendes und rühmendes Beispiel von
der unerschütterlichen Ausdauer darbieten, mit welcher der Genius,
durch keine Not, keinen Kummer, keine Leiden gebeugt, seinem
Ziele entgegenschreitet, während sein inneres Leben uns vorzüglich
durch die außerordentliche Intensivität der Imagination merkwürdig
wird, welche soweit ging, daß er alle Erscheinungen, die
er völlig frei und willkürlich in seinem Geiste hervorrief, auch
wirklich äußerlich verkörpert zu sehen glaubte. — „Während des

*) Gustav Freitag in den „Grenzboten" 1866, No. 2.


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