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128 Psychische Studien. XLIII. Jahrgang. 3. Heft. (März 1916.)
sammenhang zu ermitteln (18, 70), so kann er dieses Ziel nur dadurch
erreichen, daß er die zahlosen Lücken seiner tatsächlichen
Erfahrung durch Zutaten der Phantasie ausfüllt (64, 154), und
den Gedanken der Einheit und des gesetzmäßigen Zusammenhanges
selbst in die Erfahrung hineinträgt oder als ihr logisches
A priori, als „unerläßliche Voraussetzung" für das Verständnis der
gegebenen Tatsachen (168 f. !) mit an diese heranbringt.
* * (Fortsetzung folgt.)
Die Schrift „xsqI hvjtvtwv" des Synesios von
Kyrene.
Von Professor Dr. A. Ludwig, Freising.
(Schluß von Seite 78.)
Ein besseres Verständnis für des Synesios Eigenart zeigte
Grützmacher, der von dessen psychologischen Ausführungen
urteilt,37) sie zeigten zum Teil eine feine Beobachtung des eigenen
und anderer Seelenlebens. Wenn wir das bleibende Verdienst der
Arbeit des Synesios würdigen wollen, dann müssen wir natürlich
von derselben das metaphysisch-neuplatonische Zeitgewand zum
Teil abstreifen, die Begriffe: Weltseele, Präexistenz, Reinkarna-
tion, Trichotomie usw., mit denen er arbeitet; auch über so manche
rhetorische Übertreibungen und Verallgemeinerungen müssen wir
hinwegsehen, und es bleiben dann immer noch eine Reihevon
wertvollen Resultaten seiner psychologischen Untersuchung
.
1. Wenn auch das Interesse des Synesios fast ausschließlich
auf die Divination eingestellt ist, so ist doch sein Gedanke, daß
das Traumleben sich bestimmterSymbole bediene und
daß diese vom einzelnen beachtet und untersucht werden sollten,
ein richtiger. Man erinnert sich da an die Schrift des bekannten
Münchener Gelehrten G. Heinrich Schubert „Die Symbolik des
Traumes*',38) wo manche Äußerungen stark an Synesios anklingen,
so z. B. wenn er S. 6 sagt: „wir drücken in jener Sprache (d. h.
der symbolischen des Traumes) durch einige wenige, hieroglyphische
, seltsam aneinandergefügte Bilder in wenigen Momenten
mehr aus, als wir mit Worten in ganzen Stunden auseinanderzusetzen
vermöchten . . . alles, auch das, dessen er sich im
wachen Zustande kaum bewußt war, sah und erkannte und fühlte
er hier, gleichsam in "einen ihm vorgehaltenen Spiegel blickend,
aufs deutlichste . . . wir dürfen nicht leugnen, daß jene Abbreviaturen
- und Hieroglyphensprache der Natur der Seele in
37) S. 102. 3») Leipzig 1862.
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