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138 Psychische Studien, XLI1I. Jahrg. 3. Heft (März 1916.)
gehört die reine Gedankenarbeit eines logisch arbeitenden Gehirnes
, das aus der materiellen Welt seine Vorstellungen zieht und
in der transzendentalen Welt und seiner eigenen Intuition neue
Gesetze findet. Nur hieraus gehen die lebensfähigen Offenbarungen
hervor, auf solche neue Ideen lassen sich neue Welten
aufbauen und wahrhaft schöpferische Kraft steht hinter solchen
Bauten der menschlichen Geistes weit, die der Geister weit
so fremd sind, wie die Tat es gegenüber einer imaginären Welt
immer ist.
Was nun die Eingangs erwähnte Gefahr für unsere psychische
und physische Volksgesundheit und -kraft betrifft, wenn der
Geisterverkehr zu einer allgemeinen Gewohnheit ausarten sollte,
so will ich in Folgendem noch einmal an der Hand von Sulzer's
Buch darauf hinweisen, daß ein solcher Verkehr für das Seelenleben
des Einzelnen sowohl, als für die Gesamtheit von keinem
Vorteil, viel eher von Nachteil wäre. Auch Sulzer erkennt dies
an und verlangt, daß der Geisterverkehr nur höheren Zwecken
dienen dürfe, d. h. zu einer höheren Förderung der Geister sowohl,
als auch der Medien und Zirkelleilnehmer. In welchen und wie
vielen Fällen ist diese Forderung aber erfüllt? — Es ist anzunehmen
, daß Geisterverkehr in vielen Zirkeln gepflogen wird,
die rein materialistische Ziele verfolgen, und selbst bei geistigen
Zielen wird nicht selten der Bogen des Mediums durch die nur zu
oft überlegenen Geister überspannt, bis er - reißt. Wie oft es
vorkommt, daß die betreffenden Medien der Besessenheit verfallen
, indem sie immer und überall von Geistern verfolgt werden,
auch davon erzählt uns Sulzer in interessanter Weise in seinem
Buche. Und ebenso davon, daß in den meisten Fallen sogar der
Verkehr mit guten Geistern aufgegeben werden mußte, um zu
verhüten, daß das Medium dem Irrenhaus verfiel, oder seine Gesundheit
ruinierte.
Wenn nun solchermaßen der Geisterverkehr mit so schweren
Gefahren für Leib und Seele verbunden ist, welcher Gewinn bleibt
dabei für unser Geistesleben, dessen Gewinn oder Verlust bei allem
unserm Tun und Lassen als unverrückter Zeiger vor unserm Gewissen
stehen muß? — Kein Gewinn von solcher Bedeutung, daß
man zu einem Verkehre raten könnte, dagegen Gefährlichkeiten,
die den Rat erfordern: Ihr alle, die ihr medial veranlagt seid,
hütet euch nach Möglichkeit vor der Scylla und Charybdis dieser
Gewässer, in die ihr euer Lebensschifflein steuert! —
Hier spielt eine Welt in die unsere herein, mit der wir nur
durch unsichtbare Fäden verbunden sind, und wir betreten einen
unsicheren und schwankenden Boden, wenn wir uns in dieses Gebiet
begeben. Die Vorsehung hat uns mit zwei irdischen Füßen
auf diesen Planeten gestellt und unsere Aufgabe ist es, dieser
irdischen Sphäre gerecht zu werden, ohne dabei die übersinnliche
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