Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
43. Jahrgang.1916
Seite: 143
(PDF, 148 MB)
Bibliographische Information
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Hänig: Zur Psychologie des Weltkrieges. 143

sonders bei Sterbenden und Im Augenblick höchster Spannung befindlichen
Persönlichkeiten beobachtet haben will; der Betreffende
kündigt sich besonders im Augenblick seines Todes seinen Lieben
in der Heimat an, d. h. es fand zwischen Ihnen eine geistige Verbindung
statt, über die wir noch nicht im einzelnen aufgeklärt sind.
Auch bloße Gesichts- und Gehörshalluzinationen treten in Folge
der Ueberreizung der Nerven in solchen Momenten auf: der Telegraph
drahtet, daß an einer Stelle die Franzosen im Anzüge seien,
aber im nächsten Augenblick wird schon die Täuschung offenbar,
da die Meldung nur ein Trug der Sinneswerkzeuge verursacht hat.

Trotz alledem muß besonders bei solchen, die längere Zeit den
Felddienst versehen haben, gegenüber allen diesen Eindrücken eine
gewisse Gleichgültigkeit eintreten. Das Bild, das man öfters sehen
konnte, daß eine in der Nähe einschlagende Granate unsere Feldgrauen
in ihrem Unterstande nicht im geringsten aus ihrer Ruhe
zu bringen vermag, beruht durchaus nicht auf Erdichtung: der
Mensch gewöhnt sich mit der Zeit auch an das Schlimmste, und
es sind nicht zum geringsten Teil wieder die Nerven daran schuld,
die besonders nach Tagen der äußersten Anspannung leicht einer
gewissen Erschlaffung verfallen, die aus der Ueberanstrengung nur
allzuleicht erklärlich ist. „Mein Bruder kam am Heiligenabend zu
Besuch, verschlief den ganzen ersten Feiertag und war auch am
zweiten nicht munter zu bringen, am dritten fuhr er wieder ab:"
dieser treuherzige Bericht über den Weihnachtsurlaub eines Feldgrauen
spricht hier mehr als alles andere. Wie oft ist es vorgekommen
, daß Soldaten unter dem stärksten Kanonenfeuer eingeschlafen
und vielleicht von diesem Schlafe in den ewigen hinübergegangen
sind; nur das andauernde Artilleriefeuer, wie es bei dem
50 stündigen Trommelfeuer in der Champagne im Sommer 1915derFall
gewesen ist, hat auch hier die Wandlung zu schaffen und selbst die
in anhaltender Spannung zu erhalten vermocht, die längst über
das erste Stadium des Kanonenfeuers hinweggekommen waren.

Die Folgen aus alledem ergeben sich, um das Ganze nochmals
kurz zusammen zu fassen, von selbst: der Mensch ist im modernen
Kriege, wie wir ihn eben jetzt erleben, mehr als je ein Rad in
der gewaltigen Maschine der Technik, die heute die Kriegsführung
beherrscht. Es scheint hier eine Höhe eingetreten zu sein, für die
es schlechterdings keine Steigerung mehr gibt, und die Stimmen
mehren sich, daß das Zeitalter der Technik sich in gewisser Weise
tiberlebt d. h. sich selbst tiberboten hat, und daß, psychologisch
gesprochen, das kommende Zeitalter eher ein Zeitalter des Gefühls
als des Verstandes sein wird, in dem die Imponderabilien wie
überhaupt die ganze religiöse Gefühlswelt wieder den ihr gebührenden
Platz einnehmen wird, der ihr bisher durch die rein verstandesmäßig
ausgebildete Technik streitig gemacht wurde. Daß
gerade Deutschland in dieser neuen Zeit dazu berufen ist, eine


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