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144 Psychische Studien. XLIII. Jahrg. 3. Heft. (März 1916.)
führende Rolle zu spielen, das empfinden auch die ahnend, die nicht
selbst Gelegenheit haben, selbsttätig an der Front mitzuwirken;
und es ist nur zu hoffen, daß auch der Okkultismus, dieser so
wichtige Faktor in dieser Neugestaltung der Dinge, hier die nötige
Anerkennung und Beachtung finden möge.
Kurze Notizen.
a) Zum 80. Geburtstag eines Vorkämpfers für
Geisteswissenschaft und Völkerglück. Am 6. März
d. J. feiert einer unserer ältesten und verdientesten Mitarbeiter,
Dr. med. phil. scient. et lit. Eduard Reich, in seltener
Geistesfrische, wovon auch der diesem Heft gütigst eingesandte
Beitrag zeugt, seinen 80. Geburtstag. Geboren am 6. März
1836 zu Sternberg in Mähren (Strimelice na Moravje) besuchte
Reich das Gymnasium in Olmütz (Holomouce), sodann die
Universitäten Jena, Marburg, Göttingen, wo er zunächst Medizin
studierte, zum Doktor promovirte und das medizinische Staatsexamen
machte. Weiterhin widmete er sich mit Vorliebe und
mit der Begeisterung des echten Jüngers selbstloser Wissenschaft
philosophischen, Staats wissenschaftlichen und besonders anthropologischen
Studien, nach deren vorläufigem Abschluß er sich zunächst
als Dozent (professeur agrege) an der Universität Bern niederließ.
Später machte er die Bekanntschaft des geistreichen Herzogs Ernst
von Coburg-Gotha, der ihn zu seinem Bibliothekar ernannte, schied
aber aus Liebe zu unabhängiger wissenschaftlicher Tätigkeit bald
wieder aus dem Staatsdienste aus, um sich als Privatmann ausschließlich
der Pflege der höchsten Interessen der Menschheit zu
widmen und ungestört von fremden Einflüssen die reine Wahrheit
zu erforschen. Seine Wege entfernten sich dabei immer weiter
vom ausgetretenen Geleise der offiziell anerkannten Schulwissenschaft
, so daß er schließlich mit der schroffen Originalität seiner
überzeugungstreuen Anschauungen isoliert dastand. Unbefangene
Beurteiler seiner Lebensarbeit, auch in ärztlichen Kreisen, lassen
ihm den Ruhm, der erste gewesen zu sein, welcher speziell die
Hygiene in ihrer Gesamtheit als Philosophie, staatliche und medizinische
Wissenschaft auffaßte und systematisch bearbeitete. Zugleich
war er unermüdlich für Völkerfrieden auf vernunftgemäßer,
allen gerechten Ansprüchen der einzelnen Gruppen Rechnung
tragender internationaler Grundlage tätig und bekämpfte mit den
schärfsten Geisteswissenschaften den „heiligen Egoismus", dessen
traurige Früchte im .Völkerleben in abschreckendster Form der
jetzige furchtbare Weltkrieg zeigt. Reichs Metaphysik umfaßt
Philosophie, Religion, Sozialwissenschaft, Heilkunde und Pädagogik
. Nachdem er dann seinen Wohnsitz nach Holland und
von dort später nach Belgien (La Panne-Bains) verlegt hatte,
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