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194 Psychische Studien. XLIII. Jahrg. 4. Heft. (April 1916.)
kann es doch nicht auf Autorität hin einfach annehmen? Aber
wie soll man es nachprüfen? Andrerseits: darf man es ungeprüft
ablehnen? Es ist wirklich schwierig, sich da zurecht zu
finden. Wir wissen nur einen Weg und das ist zugleich der Weg,
der auch im Sinne Steiners selbst ist. Man kann sich je nach
Neigung in Steiners Ausführungen vertiefen, man kann sie vorsichtig
, aber doch unbefangen auf sich wirken lassen . . . und
man kann sehen, was man auf diese Weise für sich zu gewinnen
vermag. Auf diese Weise verdankt der Verfasser dieser Zeilen
den Steinerschen Anregungen seit Jahren sehr viel.'* — Soweit
Rittelmeyer, dessen höchst verständiges und wirklich zutreffendes
Urteil über Dr. Rud. Steiner's Persönlichkeit und Bestrebungen
als das eines der „Anthroposoph. Gesellschaft" Fernstehenden besonders
wertvoll erscheinen muß. Lud. Deinhard.
b) „Über unser Gemütsleben" berichtet die
1 agespresse: Ungemein interessante Streiflichter auf die Beziehungen
zwischen unseren inneren Organen und unserem Gemütsleben
werfen Beobachtungen, die in jüngster Zeit von ver-
schiedenen Physiologen und Ärzten auf diesem Gebiete gemacht
worden sind. So hatte der französische Kliniker D'Alonnes
eine Kranke, deren Verdauungsorgane gänzlich unempfindlich
waren. Da zeigte sich nun eine Reihe höchst merkwürdiger
Symptome. Nicht nur, daß sie kein Hungergefühl
, kein Sättigungsgefühl hatte, nein, sie hatte überhaupt
keine Gefühle mehr. Ihr Mann, ihr krankes
Kind waren ihr im Gegensatz zu ihren gesunden Tagen völlig
gleichgültig. Sie kannte keinen Ekel mehr, selbst gegenüber dem
Rizinusöl, das früher ihren größten Widerwillen hervorgerufen
hatte. Nachrichten, die sonst erfreut hatten, ließen sie jetzt
ebenso kalt wie solche, die sie früher tief betrübt hätten. Und da
von den Gefühlen der Wille abhängt, so erstarb in ihr auch das
Wollen. Sie handelte nur noch aus Gewohnheit. Sie selbst erklärte
, sie lebe wie eine Gliederpuppe. Andere Patientinnen dieser
Art nennen sich Automaten oder Maschinen. Bei allen aber ist
das geistige Leben nicht gestört; sie sind gefühllose Denkmaschinen.
Es besteht also ein inniger Zusammenhang zwischen unseren
inneren Organen und unserem Gemütsleben, ein so inniger, daß
Psychologen wie K. Lange und W. James die psychologischen
Vorgänge in unserem Körperinnern geradezu mit den
Gefühlen und Gemütsbewegungen gleichstellen. Wenn man auch
nicht so weit gehen will, so bleibt doch unzweifelhaft bestehen,
daß die von uns empfundenen physiologischen Vorgänge in Milz,
Leber, Magen und Darm die Voraussetzung bilden für die Gefühle
, selbst für die höchsten und feinsten.
C) Eine Erklärung der Kopf jagd durch schwarze
Magie. Wenn wir das Leben der primitiven Völker richtig
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