Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
43. Jahrgang.1916
Seite: 211
(PDF, 148 MB)
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Gaupp: Wahn und Irrtum im Leben der Völker.

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anderes Volk. Der Haß ist dem Führer ein Mittel zum Zweck.
Besteht keine Aussicht mehr, den Zweck zu erreichen, so wird das
Mittel beiseite gelegt. Der Arzt kommt im Krieg auch mit dem
verwundeten Feinde in nähere Berührung. Wir finden keinen Haß
bei ihm, sobald er den Haßsuggestionen seiner Führer und seiner
Presse entrissen ist. Ein wenig Psychologie im Verkehr mit ihm
und er sieht uns als ein Mensch dem Menschen gegenüber, dankbar
für jede Freundlichkeit, einsichtsvoll für den Unsinn der Völker-
vernichlung. Die fixe Idee der Revanche ist in der Breite des
französischen Volkes ebensowenig zu Hause wie der panslavistische
Eroberungsdrang im Herzen des russischen Bauern.

Wohl sehen wir tiefgreifende Irrtümer bei den feindlichen
Völkern über Ursachen und Verschuldung des
Krieges verbreitet. Wer öfter einen Blick in neutrale Blätter
getan hat, muß den Eindruck gewinnen, daß bei manchen unserer
Gegner die ehrliche subjektive Überzeugung besteht, sie seien von
Deutschland und seinen Bundesgenossen aus imperialistischer
Machtgier angegriffen worden. Dabei ist zu bedenken, daß die
französische und englische Bildung von Haus
aus national beschränkt und voll törichter Selbstüberhebung ist,
während der Deutsche mehr dazu neigt, das Wesen fremder Völker
kennen 7u lernen und alles Große anzuerkennen, ohne nach Paß
und Geburtsschein zu fragen. Wenn mit diesem deutschen Erkenntnistrieb
neben vielem Guten auch das Übel der Überschätzung
des Fremden, Ausländischen einhergeht, so ist diese Schwäche
doch im Grunde nur eine bekannte Äußerung eines allgemeinen
psychologischen Gesetzes, das dem Neuen und Fremden das gesteigerte
Interesse des unvoreingenommenen Menschen sichert. Die
Ablehnung des Fremden, die wir in Frankreich und England antreffen
, mag dem nationalen Hochgefühl der Gegenwart als eine
Tugend erscheinen und hat ja auch gewiß, namentlich in Sprache
und Sitte, ihr gutes Recht. Aber sie ist doch sehr oft auch der
nationalen Borniertheit nahe verwandt, lähmt als solche wie jedes
Vorurteil die Kritik und ist dadurch keine Quelle der Kraft. Auch
wollen wir nicht vergessen, daß die großen Träger des deutschen
Geistes in der Geschiebte, Lessing und Herder, Schiller und Goethe,
Kant, Fichte, zugleich die großen Vertreter der Humanität waren
und die klare Einsicht unverlierbar besaßen, daß das Menschliche
r«och über dem Nationalen steht. Es war eben ihr Deutschtum,
das ihnen die innere Freiheit dieser Überzeugung und Lehre gegeben
hat.

Zu den bei uns vielverbreitelen Irrtümern rechne ich nun
auch die Meinung, daß auch die Führer und die Presse
unserer Feinde mit ihrem Gezeter über die Hunnen und Barbaren
ihre tatsächliche Verachtung der Deutschen zum Ausdruck bringen.
Allein würden sie nicht eine so hohe Meinung von Deutschlands


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