Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
43. Jahrgang.1916
Seite: 212
(PDF, 148 MB)
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212 Psychische Studien. XLIJI. Jahrg. 5. Heft, iMai 1916.)

Kultur und Moral haben, so hätten sie sich nicht so darüber aufgeregt
, daß wir im Kampf ums Dasein zu Mitteln greifen, zu denen
sie von jeher gegriffen haben, soweit sie ihnen die Technik an die
Hand gab. Man muß ja der verdummenden Wirkung der Leidenschaft
vieles zu Gute halten, aber wir dürfen trotzdem die maßgebenden
Kreise Frankreichs nicht für so einfältig halten, daß sie
ernsthaft glaubten, unsere Fliegerbombardierung ihrer größten
Festung sei eine grausamere Kriegführung als die Tätigkeit ihrer
eigenen Flieger über offenen Städten des rechtsrheinischen Deutschlands
. Chamberlain vertritt die Meinung, England unterliege
der Psychologie der Masse besonders stark, dort bestehe eine
nationale Hysterie, die ganze Nation sei dort in Wahnsinn geraten,
der freilich später wieder dem gesunden Menschenverstand weiche.
Er mag für seine Auffassung gewiß manche Beispiele vor Augen
haben. Im Ganzen bin ich aber auch hier skeptisch. Denn die
englische Presse ist nicht nur für die Engländer geschrieben,
sondern sie erobert mit ihren Lügen und Verleumdungen in kluger
Berechnung das weite Gebiet des englischen Weltreiches über
den Meeren und das unkritische englisch-sprechende Amerika. Die
Enten \on Havas und Reuter haben die Welt gegen uns in Harnisch
gebracht, und diese Lügen haben längere Beine, je weiter der Weg
ist, der uns von den Orten ihrer Wirksamkeit trennt. Man hat in
diesem widerlichen Lügen - und Verleumdungsfeld
z u g einen Beweis des Tiefstandes der westeuropäischen
Kultur erblickt, und ein trostloser Pessimismus hat sich mancher
für Kulturfortschritt schwärmenden Natur bemächtigt. Ich halte
diesen Kulturpessimismus doch für einen psychologischen Irrtum.
Der Lügenfeldzug dient zur Rechtfertigung
des Krieges vor derr lebendigen Gewissen
der Völker. Daß es überhaupt einer solchen Rechtfertigung
bedarf, daß jede Regierung sich lebhaft bemüht, ihre
schneeweiße Unschuld zu beweisen, ist trotz allem ein Triumph
der sittlichen Mächte.

Aus all dem folgt aber auch, daß der heutige Zustand für die
L e b e n s b e z i e h u n g e n der Völker nach dem
Kriege gar nichts besagen will. Massensuggestionen flüchtigster
Art, wirksam für die kritische Zeit des Kampfes, sind sie wertlos
für die ruhige Betrachtung der Dinge nach Eintritt des Friedens.
Vom Frieden, seinen Vorteilen und seinen Opfern wird es abhängen,
ob nationale Abschließung und dumpfer Groll, giftiger Neid und
lauerndes Mißtrauen die nachbarlichen Völker beherrschen wird
oder sachliche Ruhe, verständige Annäherung und eifriges Bestreben
nach der -notwendigen Wiederaufnahme des Austausches
der materiellen und geistigen Güter. Japans heutiges Veihältnis
zu Rußland, der Türkei zu Bulgarien, Englands zu Transval lehrt
die Vergänglichkeit des Hasses der Völker.


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