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Kaindl: Teleplastik und Fata Morgana
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dentenstuhl war geräumt, und man sah niemand mehr an deü
Ratstafeln sitzen/* (Man sehe auch Horst's Deuteroskopie il,
S. 175 „Der Geisterspuk auf Riddarholmen u. vergleiche damit
den Bericht in Vesmes „Geschichte des Spiritismus" Bd. 2,
S. 402, § 31.)
„Sollte man nun annehmen, daß dies wirklich eine Gesellschaft
von Geistern gewesen? — Mir will es scheinen, daß auch
hier nur ein einziger genüge, um ein solches Schauspiel zu geben.
Es ist die plastisch objektivierende Vorstellung eines solchen; der
tote Präsident versetzte sich auf seinen Stuhl zurück und schafft
sich eine Versammlung von Ratsherren, so wie wir uns auch
lebend und in gewöhnlichen Träumen oft genug in einer Gesellschaft
befinden, die wir uns durch die Kraft der Einbildung geschaffen
haben. Nur ist der Traum des Toten nicht so in das
unsichtbare Innere der Person eingeschlossen, wie der des Lebenden
. Die Phantasie erhält hier eine weit redlichere und objektivere
Gestalt und ihre Gebilde werden so auch von Lebenden erblickt.
Man braucht in diesen und vielen andern derartigen Phänomenen
keine Manifestationen von Geistern zu sehen; es genügt
hier vollkommen die Annahme, daß die sichtbar gewordenen Erscheinungen
aus dem eigenen Innern der magischen und ekstatischen
Personen herausgetreten, bei welchen sie sich zeigten; und
diese Ansicht ist in manchen dieser Geschichten insbesondere zu
nahe gelegt, als daß wir nicht dabei stehen bleiben sollten.
Wer nun diese Talsachen kennt und erwägt, der dürfte es um
so weniger beanstanden, wenn ich der Menschenseele die Kraft
zuschreibe, ihre inneren Gebilde nicht bloß mittelbar, wie der darstellende
Künstler, sondern, unter gewissen Umständen, namentlich
in Ekstasen, wo die in der Regel verborgenen Energien des
menschlichen Wesens hervortreten, auch unmittelbar, aaf
magischem Wege, nach außen werfen und sichtbar werden zu
lassen. —
Ich schreibe der menschlichen Seele das, wenn auch verborgene
und nur selten hervortretende Vermögen zu, ihre Vorstellungen
und innere Anschauungen unmittelbar zu realisieren, so
daß dieselben nicht bloß subjektiv innerhalb ihrer selbst verbleiben
, sondern auch äußerlich und sinnenfällig erscheinen und
sich als reale Gegenstände namentlich dem Gesichte, Gehöre und
Gefühle kund tun — was ich als die eidolomagische Kraft der
Psyche bezeichne.** —
Daß in der Ekstase freiwerdende ideoplastische Schöpfungskraft
der Psyche nicht nur ätherische, sondern auch grobmaterielle
Gebilde anorganischer und organischer, belebter und unbelebter
Natur — wenn auch nur ephemer — unter Umständen hervorzubringen
vermag, scheint aus folgenden auf Tatsachen gestützten
Ausführungen Daumers hervorzugehen.
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