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240 Psychische Studien. XLIII. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1916.)
zum Opfer gefallen sein könnten. Herr Fenske selbst, der an dem
ganzen „Unfug** völlig unschuldig zu sein versichert, wünscht den
Fall um so mehr endlich „aufgeklärt" zu sehen, da er und seine
Familie schwer darunter leidet; außer dem Spott und Spitznamen
böswilliger Nachbarn bildet seine Wohnung seit zwei Wochen ein
wüstes Chaos, da die Sachen fertig zum Auszug gepackt sind, aber
nicht weggeräumt werden dürfen, weil die Gegenpartei einen diesbezüglichen
Gerichtsbeschluß erwirkt hat und weil auch die
Militärbehörde in der Gegenwart kein besonderes- Verständnis dafür
zu haben scheint, daß einem preußischen Sergeanten durch angeblichen
Geisterspuk „die Nerven zerrüttet*' werden. Nachdem
nun durch die Gerichtsverhandlung der Stein ins Rollen gebracht
wurde, hat die genannte Tageszeitung, der wir diese Einzelheiten
entnehmen, den bekannten Antispiritisten Leo E r i c h s e n als
„besten Kenner dieser Materie'* (!) an Ort und Stelle nähere
Untersuchungen anzustellen und seine Beobachtungen und Schlüsse
den Lesern mitzuteilen veranlaßt. Wie nicht anders zu erwarten
war, hat sich der Spuk in seiner Gegenwart nicht gezeigt und
er eröffnet nun seine satirische Artikelserie mit einem Blick auf
die Entstehungsgeschichte des modernen Spiritismus, die nach ihm
gleichzeitig die Geschichte der menschlichen Leichtgläubigkeit,
Täuschungsmöglichkeit und Dummheit ist. Es folgt eine Auf-
Zählung der bisherigen „Entlarvungen" spiritistischer Medien als
Taschenspieler und Täuschungskünstler; so der Schotte Home,
der Engländer Slade, Williams und Rita in Holland (1878),
Eglinton (durch den kürzlich verstorbenen Maler Gabriel Max)
Flore nee Cook in London (1880), das Ehepaar Fletscher (1881),
Mrs. Wood (1882), Bastian (in Wien 1884 durch den Kronprinzen
Rudoif), schließlich das in Berlm verurteilte sächsische Blumenmedium
Anna Rothe und die gefeierte Eusapia Palladino, durch
den Berliner Psychiater Dr. Albert Moll. — Daß Herr Erichsen,
der mit seinem recht oberflächlichen Aburteilen über Dinge, die er
weder sachlich genau kennt, noch in ihrer philosophischen Tragweite
logisch richtig erfaßt, mit seinen beredten Wandervorträgen
über Spiritismus glänzende Geschäfte macht, beweist aber noch
lange nicht, daß er zu einem maßgebenden Urteil in einer so
schwierigen Frage der berufene Beurteiler ist. Hat er doch erst
kürzlich wieder in einem Vortrag über „Die okkulten Probleme
des Weltkriegs" im Palmengarten zu Dresden .(laut Bericht in der
„Übers. Welt*' Febr.-Heft S. 63) die ebenso lächerliche, wie handgreiflich
irrige Behauptung wiederholt, der Okkultismus stehe mit
der Naturwissenschaft in Widerspruch und sei aus einer Reaktion
auf geistigem Gebiete entstanden, eine seichte, sich in den Augen
jedes gründlichen Kenners von selbst richtende „Weisheit** des gewandten
Plauderei s, die wohl aus Lehmann's „Geschichte des
Aberglaubens*' entlehnt ist, wo der materialistische Kopenhagener
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