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Ludwig: Origenes und die Präexistenz
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Philosophen, der Gnostiker und Manichäer. Ganz unkörperlich
isl freilich nach Origenes nur Gott, daher hatten die geschaffenen
Geister von Anfang an eine gewisse ätherische Hülle, „wenn, es
unmöglich ist, daß außer dem Vater, Sohn und Geist irgend eine
Natur ganz unkörperlich sein kann, so zwingt die Logik zu der
Annahme, daß zwar vor allem (principaliter) die vernünftigen
Naturen geschaffen worden sind, daß aber die materielle Substanz
nur in Gedanken, nur theoretisch von ihnen getrennt werden kann
und daß dieselbe für sie und nach ihnen geschaffen wurde, weil
sie ohne dieselbe nicht leben können. Aber die materielle Substanz
ist so beschaffen, daß sie in verschiedene Zustände einzugehen
vermag. Sie kann sich zu tieferen Daseinsformen herabziehen
lassen und einen festeren Körper bilden, dieser Welt entsprechend,
um sich nachher für die Auferstehenden in einen geistigen Körper
zu verwandeln/4*) Wenn Lang*) zu dieser Stelle bemerkt, sie
stehe in Widerspruch zu der Behauptung des Hieronymus, es habe
Origenes nur ein immaterielles Sein der Vernunftwesen vor ihrem
Eintritt in diese Welt angenommen, so hat er die Ansicht des
Hieronymus nicht richtig aufgefaßt; denn derselbe spricht nur
von den crassa corpora, die freilich der Korruption unterliegen,
nicht aber von den ätherischen. Doch will Origenes an anderer
Stelle0) eine doppelte Möglichkeit der dereinstigen seligen Existenzweise
zugeben.' entweder die Seele lebt nur in einem ätherischen
Körper weiter oder aber sie verliert überhaupt alles Körperliche.
Da aber der beseligte Geist immer seine Willensfreiheit behält, so
bleibl auch die Möglichkeit eines neuen Sündenfalles und dann
würde für ihn eine neue Inkarnation zur Notwendigkeit „videbitui
enim esse necessarium ut, si exterminata fuerit natura corporea,
secundo iterum reparanda sit et creanda. Possibile enim videtur
ut rationabiles naturae, a quibus nunquam aufertur liberi facultas
arbitni, possint iterum aliquibus motibus subjacere". An diese
Stelle hat sicher Hieronymus gedacht, wenn er in seinem Briefe an
Avitus (c. 5) schreibt „tunc corporalium rerum universa natura
soketur in nihilum quae, si secundo necessitas postulaverit, ob
lapsum rationabilium creaturam rursus existet". Auch im 8. Kapitel
des II. Buches de princ, das ausführlich von der Seele handelt,
kommt Origenes auf die Präexistenzlehre zurück im Zusammenhange
seiner eigenartigen Anschauung vom Unterschied des vovq
und der tprjpy Die menschliche Seele war ursprünglich ähnlich
der Natur Gottes und seiner Engel, die von der Schrift als feurig
bezeichnet wird (deus noster ignis consumens, facit ministros suos
ignem urentem). Durch den Abfall von Gott aber erkaltete der
Geist und wurde so zur Seele {ywyrj), verlor aber nicht die Mög-
«t De princ. II, *
"0 DieLeiblichke't der Verunftwesen bei Origenes*, Leipzig 1892.
<>) De princ II, •») vgl. Berliner Ausg. Bd. 5. S. 117-125.
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