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252 Psychische Studien. XLIIJ. Jahrgang. 6. Heft. (Juni 1916.)
kommentar willkommenen Anlaß gegen die zu polemisieren, die
da meinen, die Seele werde zugleich mit dem Körper geschaffen.10)
Welchen tieleren Sinn (reconditam de anima et arcanam senten-
tiam) hätten denn dann die Worte: steterunt tota die otiosi?
„Nam si una cum corpore anima sata est, quomodo toto die
steterunt otiosi?" Auch in seinem Genesis-Kommentar, von dem
sich nach Kötschaus ansprechender Vermutung ein Fragment bei
Methodius von Olympos erhalten hat") (es handelt sich um die
Stelle Genesis 3, 21), trug Origenes seine Ansicht von der Präexistenz
vor. Bei dieser Anschauung konnte er natürlich die
biblische Erzählung vom ersten Sündenfall nicht historisch nehmen
und buchstäblich auffassen. Und so deutet er denn auch die Geschichte
vom Sündenfall, das sagt er mit klaren Worten, allegorisch
,lr xoiJi öoxovöt jrtpi xov 'Adäfi tlvai, cfröioZojei MavofjQ
rd jttQi rfjq tov ar&ncbcrov <£rö>coc".12) Diese Erzählungen
können, so hält er dem Spott des Celsus entgegen, „ohne Ver-
letzung; der schuldigen Ehrfurcht recht wohl allegorisch erklärt
werden" und „es werden diejenigen die Geschichte von Adam
und seiner Sünde philosophisch "auffassen und verstehen, die
wissen, daß Adam in der Sprache so viel heißt als Mensch und
daß Moses von der Natur des Menschen im allgemeinen spricht,
wo von ihm dem Anschein nach von Adam als einer Persönlich-
keit die Rede ist." Es ist diese Stelle schon dem Übersetzer von
des Origenes Büchern gegen Celsus (in der Kösel'schen Ausgabe
1876 J. Röhm) aufgefallen und er wies darauf hin,l:i) daß
Origenes früher allerdings einen vorzeitlichen Sündenfall der
Seelen angenommen, später aber durchaus die kirchliche Lehre
von der Erbsünde vorgetragen habe. Die von ihm zum Beweis
zitierten Stellen14) beweisen durchaus nicht, daß Origenes seinen
klar ausgesprochenen Grundsatz, jene Genesisstellen „pneumatisch"
zu deuten, in demselben Werk sogleich wieder umgestoßen habe,
und es war ein Versuch mit untauglichen Mitteln, Origenes um
den Preis der Wahrheit rein waschen zu wollen. Vollkommen
mißverstanden wurde aber sowohl von Lang15) wie auch teilweise
von Redepenning1'5) die Stelle im Matthäuskommentar,17)
wo Origenes gegen die pythagoreische und platonische Auffassung
der Metempsychose polemisiert. Redepenning glaubte, die Stelle
so auffassen zu müssen, daß Origenes nur die unmittelbare Wände-
!°) Maur. Aus£. t. XV, S. 702—703.
") Berl. Ausg. 5, S. 159.
^) Contra Olsum IV c 39 u. 40.
i») S. 471, A. 3.
i*) Contr. Gel. 3, 61—63, 7. 23, 29, 50.
!"») a. a. O. S. 41, A. 1. 5.
.Origenes" Bd. 2, 8. 345.
1T) Mauriner Ausg. t. XITI, 8. 567—70.
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