Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
43. Jahrgang.1916
Seite: 296
(PDF, 148 MB)
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296 Psychische Studien. XLII1. Jahrgang 7. Heft (Juli 191h).

Lebenswahrheit ausdrücken. Sie erklären uns, warum es so schwer
hält das ungebildete Volk von Dingen zu überzeugen, welche auf
der Hand liegen. Denn seine Uebereeugung stützt sieh nicht auf
eigenes Denken und auf eigene Prüfung, sondern auf das, „was
d'Mueter glaubt oder net glaubt". Die „gebildeten44 Kreise dünken
sich natürlich über diese Abhängigkeit von der „Mueter" hoch erhaben
. In Wirklichkeit sind aber auch sie in ihrem Denken von
der „Mueter" abhängig, nur ist ihre „Mueter" von anderer Art als
die des „ungebildeten Volks." Selbst in den „wissenschaftlich gebildeten
" Kreisen spielt die „Mueter" die allergrößte Rolle, wenn
sie auch da nicht eine fremde, sondern die eigene Autorität ist, bestehend
aus dem selbstgeschaffenen Schnürgerüst einer ein für allemal
festgelegten Weltanschauung — bei den Philosophen sagt man
„System", in welches Steine, Balken und Mörtel sich fügen müssen,
ob sie hineinpassen oder nicht. Was nicht passen will, wird eben
so lange behauen, bis es paßt. Aus dieser Abhängigkeit von
Systemen und Lehrmeinungen erklärt sich auch ihre auffallende
Scheu vor der Prüfung von Erscheinungen, welche in die Systeme
einer „modernen Weltanschauung" anscheinend nicht passen wollen
und eher geeignet sind, einen veralteten „Aberglauben" zu stützen,
als eine Erkenntnis zu fördern.

„Daran erkenn' ich den gelehrten Herrn!

Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern:

Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar;

Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr, sei nicht wahr."
So charakterisiert Mephistopheles im „Faust" den Gelehrten,
der bis auf den heutigen Tag derselbe geblieben ist. Im Mittelalter
, war es die spiritualistische Weltanschauung, welche das
Denken und Forschen tyrannisierte und heute ist es die materialistische
Weltanschauung, welche einem unbefangenen Erkennen hindernd
in den Weg tritt, mag sie sich dabei in ihre gröberen oder feineren
Gewänder kleiden. Aus dieser hemmenden Tendenz alles Prinzipiellen
und Weltanschaulichen erklärt sich's von selbst, daß die
Schulweisheit von heute allen Erscheinungen, die nach „Hexen-
und Geisterspuk" riechen, in weitem Bogen aus dem Wege
geht, trotz des vielzitierten Shakespeare'sehen Worts: „Es gibt
mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als oure Schulweisheit
sich träumen läßt." Der Wahrheit ist aber nicht gedient, wenn
man den Rätseln, die sich uns aufdrängen, ausweicht. Wer auf
ihren Grund kommen will, muß den Mut des Zugreifens haben,
selbst auf die Gefahr hin, einen Fehlgriff zu tun oder sich dem
Spott aller „Aufgeklärten" auszusetzen.

Von solchen Gedanken und Erwägungen ließ ich mich leiten,
als ich mich am letzten Samstag, den 27. Mai, entschloß eine Reise
nach Großerlach zu machen, um den in der Nummer vom 25. Mai
erwähnten Spukerscheinungen auf den Grund zu gehen, die in-


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