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Iiiig: Der 8puk in (IroOerlacli.
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zwischen in einem Teil der württembergisehen Presse der Gegenstand
eines oberflächlichen Spottes geworden sind. Ich sage „oberflächlich
", weil sich der Spott lediglich auf eine vorgefaßte
„Meinung44 stützen konnte und nicht auf das Ergebnis einer ehrlichen
und umfassenden Tatsachenprüfung an Ort und Stelle. Diese
Tatsachenprüfung habe ich mir zum Ziel gesetzt,' und ich erkläre
es vornweg, sie hat zu einer vollkommenen und einwandfreien
Bestätigung der behaupteten Tatsachen
gefuhrt. Weil der Gegenstand, um den es sich
handelt, für jeden aufrichtigen Wahrheitsforscher von größter
Wichtigkeit ist, will ich zunächst mitteilen, wie ich verfahren habe,
damit jeder Einwand gegen die Zuverlässigkeit der von mir angewandten
Methode von vornherein abgeschnitten ist. Mein Besuch
in Großerlach war brieflich und telephonisch vorbereitet und alle
Zeugen, darunter auch der Ortsvorsteher, Schultheiß Kircher,
stellten sich mir in bereitwilligster und liebenswürdigster Weise
zur Verfügung. D.e Vernehmung der ortsansässigen Zeugen fand
in deren Wohnungen statt, die der auswärtigen ebenfalls separiert.
Die Zeugen, welche Amtsdiener Scheuermann aufbot, der mir
während meiner ganzen Anwesenheit in anerkennenswertester
Weise zu Diensten war, wurden .stets einzeln vernommen und
ausd ücklich angehalten, mir nur das zu sagen, was sie mit eigenen
Augen deutlich gesehen hatten. Es waren durchweg reife und
achtenswerte Männer mit nüchternem Blick, die alle die merkwürdigen
Erscheinungen längere Zeit genau beobachtet und unerschrockenen
Mutes zugegriffen hatten, wo sie glaubten, sie
könnten etwas gegen die rätselhafte Kraft ausrichten, die da ihr
wunderliches Wesen trieb. Außer zahlreichen Ortseinwohnern*
darunter der Ortsvorsteher, der Lehrer und der Amtsdiener, waren
auch einige zufällig anwesende Fremde Zeugen der augenfälligsten
Vorgänge Auch ein Bezirksbeamter aus Backnang, der an dem
Tag, an welchem die Vorgänge zu einem öffentlichen Auflauf
führten, auf dem Rathaus in Großerlach zu tun hatte, war Augenzeuge
und machte sich sofort Notizen und Skizzen. Der Pfarrer
blieb dem Schauplatz des Spukes fern. Aus einer Predigt, die er
jedoch am 21. Mai gehalten hat, ist nach Aussagen von Gemeindemitgliedern
zu entnehmen, daß er nicht bloß von der Richtigkeit
der behaupteten Tatsachen überzeugt ist, sondern daß er auch
schon eine ganz bestimmte Deutung für sie hat. Ich werde in
dieser Darstellung die Namen der Zeugen nicht nennen, die ich
gehört habe, weil es einige nicht wünschen und weil ich das auch
nicht für nötig halte. Für eine spätere ausführlichere Bearbeitung
des Falles in einer anderen Form, zu der ich vielleicht noch schreiten
werde, wenn meine noch im Gange befindlichen Ermittelungen
gänzlich abgeschlossen sein werden, behalte ich mir die Benennung
aller Zeugen (natürlich nur mit deren Zustimmung) vor.
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