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298 Psychische Studien. XLIfl. Jahrgang. 7. Heft. (Juli 1916)
Die Örtliehkeiten.
Großerlach ist eine kleine, auf dem Mainhardter Wald gelegene
Gemeinde mit 2—300 Einwohnern, zu der verschiedene Teilgemeinden
gehören. Von der Station Sulzbach an der Murr gelangt man
in l'/i Stunden bequem dorthin. Das Anwesen, in welchem sich
die merkwürdigen Erscheinungen zeigten, liegt ganz außen am Ort.
Es besteht aus Haus und Stall mit Schoner. Doch ist das Ökonomieanwesen
nicht an das Haus angebaut, sondern von diesem durch
einen Hof getrennt. Das Anwesen scheint ziemlich alt zu sein.
Nach der Ausage von Einwohnern ist es eines der ältesten am
Platze. Eine Jahreszahl war nicht festzustellen. Nur der Ofenstein
, auf welchem ein Kachelofen ruht, zeigte eine solche. Es
ist die Zahl 1740. Die Räumlichkeiten in Stall und Wohnhaus sind
sehr beschränkt. Im Wohnhaus befinden sich nur die Küche und
zwei Zimmer. Durch den Hauseingang gelangt nan in den Öhrn,
der in gerader Richtung in die Küche mündet. Auf der rechten
Seite des Öhrns befindet sich eine Stiege, die zur Bühne führt.
Die Küche zeigt einen großen gemauerten Herd mit pechschwarzem
Rauchfang darüber Dieser Herd nimmt fast den meisten Raum
der ganzen Küche ein. Er steht links, rechts steht eine Küchenbank
, auf welcher außer einer großen Emailwassergölte noch verschiedene
Wassereimer und Häfen stehen, über der Küchenbank
ist ein Schüsselbrett. Gegenüber dem Kücheneingang befindet sich
ein hinterer Ausgang und daneben das einzige Kücheafenster. Auf
der linken Seite des Öhrns gelangt man durch eine Tür in die
kleine Wohnstube. Stellt man sich unmittelbar bei der Türe auf,
so hat man in einem Abstand von kaum einem Meter zur linken
Seite eine in der Ecke stehende Kommode, auf welcher mindestens
20 Milchhäfen stehen. In der anderen Ecke der linken Zimmerseite
steht der Tisch, um welchen eine Bank führt. Rechterhand
in der Ecke ist der bereits erwähnte Kachelofen aufgestellt. In
der vierten Ecke steht ein Pult. Außerdem stehen noch 2 oder 3
Stühle in der Stube. Durch die rechte Stubenwand führt eine
Türe in die noch kleinere Schlafkammer, die von zwei großen
Betten fast ganz ausgefüllt wird. Durch die Schlafkammer geht
eine kleine Türe in die Küche. Das ist das ganze Haus, das nirgends
einen Raum zum Verstecken bietet. Der Stall ist ebenso bescheiden
im Umfang. Es stehen 5 Stück Vieh darinnen; 2 Kühe und 5 Stück
kleines Vieh, die den ganzen Platz in Anspruch nehmen und nur
noch einem vergitterten Hasenstall Raum gewähren. Das Anwesen
gehört der Witwe Rosine Kleinknecht geb. Notdurft, etwa 35 Jahre
alt. Ihr Mann war Postbote und fiel im vorigen Jahr in den
Kämpfen an der Westfront. Die Hausgenossen während der unerklärlichen
Vorkommnisse waren drei Mädchen im Alter von 2
bis 11 Jahren und ein Knabe von 14 Jahren. Die Mädchen sind die
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