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Jahn: Nachträgliches zu meinem Aufsatz über Telepathie. 309
machen. — Er konzentrierte sich auf einen von der Verschwundenen
getragenen Gegenstand, den der junge Mann bereit
hatte und sagte folgendes aus: „Die Frau ist nicht mehr am
Leben, sie ist bei einer großen Holzbrücke, an der viele Weiden
stehen, ins Wasser gegangen und durch die Strömung, sowie das
Hochwasser, weit abgetrieben. Die Leiche finden Sie, wenn Sie
den Fluß verfolgen, an einer Biegung desselben, wo mehrere Bohrtürme
stehen, die rechte Hand aus dem Wasser haltend." Man
verfolgte den Innerstefluß und fand an der bezeichneten Stelle,
am 25. Dezember 1912, die Leiche in der angegebenen Lage. —
Anläßlich einer Konsultation bei diesem Magnetopathen
fragte ich ihn mal, wie er das mache, worauf er erwiderte: „Ich
sehe dies alles nach und nach und so wie ich es sehe, so teile ich
es mit; übrigens werde ich oft in ähnlichen Fällen um Rat
gefragt.*' —
Telepathie im Zeichen des Hungers, des Wohlwollens und der
Sympathie, Heilsehen im Zeichen der Sympathie und der Sehnsucht
. --Ich marhte im vorigen Aufsatze den Vorschlag, nicht
allein das Wort „Zufall**, sondern auch das Wort „Mißtrauen**
außer Kurs zu setzen. Wenn ich sagte, Mißtrauen soll man nicht
zeigen, nicht kennen, so wird dieses Ansinnen hoffentlich nicht
dahin verstanden worden sein, als wenn dies hieße, es ist alles
blindlings, glaubensselig hinzunehmen, das wäre der Zumutung zu
viel, jedoch man soll alles und zwar — hierin liegts — „ohne
Vorurteil** willig hören und prüfen und soweit es möglich ist,
sich selbst überzeugen, um dann zu glauben und zu behalten.
Wenn eine geistig so ^hochstehende Persönlichkeit wie der
Freimaurer Kerning (Krebs) in seiner — übrigens sehr lesenswerten
— Schrift „Christentum** sogar von den Proben des
Christentums spricht, wieviel mehr können oder sollen wir Dinge
nachprüfen, einer Kritik unterziehen, die nicht so erhaben und geheiligt
sind, wie jenes epochemachende Ereignis! — Studieren
wir weiter, machen wir nur immerzu Proben auf alltägliche Geschehnisse
okkulter Art und staunen wir darüber, vielleicht kommt
dann auch einst die Zeit, wo das, was jetzt noch in weiter Ferne
unerreichbar uns erscheint, naherückt und erreichbar wird und das
ist: „Proben abzulegen für das Christentum!** Nicht für das
moderne Scheinchristentum, sondern für das Christentum in seiner
Reinheit „über dessen Hoheit und sittliche Kultur**, nach Goethes
Äußerung zu Eckermann „der menschliche Geist nicht hinauskommen
kann". Der Besitz dieses Christentums bedeutet somit
unser letztes und höchstes Ziel!
Aber sind nicht wohl schon Anzeichen für die Verwirklichung
da, hört man nicht hier und da von solchen Anfängen? Lesen
wir die betreffende Stelle im „Buch der Bücher** nach — Kerning
nennt es das Buch enthüllter geistiger Kräfte der menschlichen
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