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316 Psychische Studien. XLIII Jahrgang. 7. Heft (Juli 1916).
1815 sahen 3 Bewohner von Verviers eines Morgens ein Heer
am Himmel; sie erkannten sogar die Uniform der Artillerie und
die Lafette einer Kanone, deren eines Rad zerbrochen war. Das
war zur Zeit der Schlacht bei Waterloo.
Garnier berichtet, daß am 20. September 1835 die Bewohner
der Hügel von Mandip in England nachmittags 5 Uhr am Himmel
Reiterscharen sahen, die von dichten Dampfwolken umgeben waren.
Man erkannte deutlich Pferde und Reiter.
Diese Erscheinungen als Luftspiegelungen anzusehen, dürfte
wohl nicht immer angebracht sein, wenn man neueren Berichten
dieser Art glauben darf.
Pausanias und Plutarch berichten, daß den Griechen in der
Schlacht bei Marathon die Gestalt des Theseus voran ging und er
mit Hilfe des Heroen Erechtheus die Schlacht entschied. Letzterer
schlug mit einem Pflugeisen viele Barbaren nieder. Die Griechen
bauten daher diesen beiden Geistei gestalten zum Danke Tempel.
Miltiades schrieb ihnen den Sieg zu und rief sie immer als Beistand
an, wenn er in den Kampf zog.
Als die Perser unter Xerxes das Orakel zu Delphi plündern
wollten ,wurden sie am Tempel der Minerva Pronoa mit Blitzschlägen
empfangen. Der Parnassos erzitterte und zwei ungeheure
Felsklötze stürzten auf die Perser, viele von ihnen zerschmetternd.
Sie flohen, verfolgt von zwei übermenschlichen Reitern, den
Schutzheroen Phylakos und Autonoos, denen man daher Dank-
opfer einrichtete. So berichten Herodot und Diodorus.
Die Priesterin Phannis hatte den Ansturm der Gallier voraus
gesagt. Sie kamen im Jahre 278 v. Chr. Als sie Delphi bedrohten,
erklärte Apollo durch sein Orakel sich selbst verteidigen zu wollen
und er offenbarte sich, so glaubte man, durch ungewöhnliche
Zeichen und Erscheinungen.
Und es geschah: Ein furchtbarer Sturm erhob sich, ein
schreckliches Gewitter tobte, Erdbeben erschütterten den Berg und
stürzten große Felsmassen auf die Gallier, so daß sie die Flucht
ergriffen und heimzogen nach ihren Landen.*) Ihr Häuptling nahm
sich selbst das Leben. So berichten Pausanias, Justinus und
Valerius Maximus. Dürfen wir ihnen glauben?
Von einem Thespesius erzählt Plutarch, daß das Orakel des
Amphilochus ihm voraussagte, er werde sich erst nach seinem
Tode bessern. Eines Tages stürzte Thespesius und blieb drei Tage
tot liegen. Im Grabe erwachte er wieder und war fortan ein
tugendhafter Mensch.
Sein Bericht über das, was er im Jenseits erlebte, steht ganz
außerhalb des damaligen griechischen Denkens; er erzählte, daß
*) Eine solche scheinbare Auffrischung des alten Götterglaubens
kann — ganz abgesehen von der Entstellung der Fremdnamen bei
Vesme — nicht als wissenschaftlich angesehen werden. —- Eed.
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