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848 Psychische Studien. XLIil. Jahrgang. 8. Heft. (August 1916).
erschütterte, daß man glaubte, es sei ein Erdstoß erfolgt. Eine
Ursache war nicht zu erkennen. Ob dieses Getöse, das nur
2—3 Sekunden dauerte, mit den übrigen merkwürdigen Erscheinungen
irgend welchen Zusammenhang hat, vermag ich nicht
zu sagen. Ich will es aber der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt
lassen.
Ein Verdächtiger.
Da in einer Zeitung mitgeteilt worden war, der am nächsten
Tage eingetroffene Landjäger habe den Veranstalter des großen
Spuks in der Person des schon mehrfach erwähnten 14jährigen
Knaben bereits ermittelt, habe ich versucht, mir auch in bezug auf
diese Behauptung die nötige Aufklärung zu verschaffen. Der
Verdacht, daß dieser Knabe wohl der Täter sein könne, wurde
von einem jüngeren Mann ausgesprochen, der gelegentlich auch
in den Stall kam und dort den Knaben traf, der ihn fragte, ob er
„noch keine'* an die Ohren erhalten habe, er selbst habe sein
Teil schon abbekommen. Da der Zeuge kurz darauf einen Schlag
von hinten erhielt und gleich darauf auch heftig an den Kopf geworfen
wurde, stand es bei ihm fest, daß sowohl Schlag wie Wurf
nur von dem Knaben gekommen sein könne, weil dieser allein zugegen
war und hinter ihm stand. Ich habe mich persönlich zu
diesem Zeugen begeben und ihn nach den Gründen des von ihm
ausgesprochenen Verdachts befragt, worauf er mir die eben erwähnte
Auskunft erteilt hat. Auf Befragen, ob ep gesehen habe,
wie der Knabe gegen ihn manipulierte, verneinte er dieses. Sein
Verdacht gründe sich lediglich auf die schon erwähnten Umstände.
Von mir des weiteren befragt, ob der Standpunkt des Knaben derart
war, daß man von dort aus mit Sicherheit sein Ziel habe erreichen
können, erwiderte der Zeuge, daß ihm selbst das wohl
nicht möglich gewesen wäre. Wie es der Knabe angestellt habe,
ihn zu treffen, das wisse er nicht. Er müsse wohl über besondere
Fähigkeiten verfügen, von denen er nicht wisse, wer sie ihn gelehrt
habe. Befragt, was der Zeuge mit dieser „besonderen Fähigkeit
" ausdrücken wolle, gab er zu verstehen, daß er damit nicht
eine natürliche Handgeschicklichkeit meine, sondern daß er da
schon mehr an ein geheimnisvolles, magisches Können denke. Das
Wort „magisch" hat der Zeuge selber nicht gebraucht. Er umschrieb
das, was er sagen wollte, in vorsichtiger Weise und verneinte
nicht, als ich das Ergebnis unserer Unterredung dahin zusammenfaßte
, daß der Zeuge also nicht behaupten wolle, der
Knabe habe den Spuk durch natürliche Kunstfertigkeit in Szene
gesetzt, sondern er „könne mehr wie Brot essen"; mit anderen
Worten: ohne ein bißchen Hexerei ließen sich die Vorgänge
nicht erklären. Diese Bekundung des Zeugen genügte mir. Bis
jetzt hat der Knabe sich noch nicht für schuldig bekannt, obgleich
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