http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1916/0354
850 Psychische Studien. XLII1. Jahrgang. 8. Heft (August 1916).
müssen. Denn sie vermochte Gegenstände zu bewegen oder zu
zertrümmern, selbst recht schwere. Aber sie war nicht unbegrenzt,
sondern bewegte sich in gewissen Schranken. Wenn man z. B.
den Knebel an der Kette in dem Augenblick, in dem er sich aufrichtete
und senkrecht zur Trogwand stellte, anfaßte und zurückdrückte
, so war das Zurückdrücken nach Überwindung eines gewissen
Widerstandes möglich. Ließ man mit dem Druck nach, so
ging der Knebel wieder zurück in seine frühere Stellung. Auch
das Lösen fest verflochtener und verknoteter Drähte machte dieser
Kraft größere Schwierigkeiten und erforderte längere Zeit als das
Lösen verknoteter Schnüre oder gar lose verhakter und befestigter
Ketten. Wahrscheinlich ging auch die Bewegung der Halsketten,
ihre Verknotung und Zuschnürung nur bis zu einer gewissen
Grenze, weil sich die Muskulatur einer weiteren Einschnürung oder
Einkettung widersetzte. Diese Kraftbegrenzung muß ausdrücklich
festgestellt werden, weil die grundsätzlichen Leugner solcher
Erscheinungen in der Regel den Einwand erheben: Ja, wenn die
Kraft schon das und das tun konnte, warum hat sie dann nicht
auch noch dies und jenes getan? Die Antwort auf diesen Einwand
ist nicht schwer. Sie lautet: Sie hat's nicht getan, weil sie
nicht konnte! Denn das, was bei solchen Spukerscheinungen aus
dem Rahmen der bisher bekannten Naturgesetze herausfällt, muß
darum noch lange nicht schrankenlos und von unbegrenzter
Möglichkeit sein. Wenn wir erst einmal den vollen Mui gefunden
haben werden, derartigen ungereimten Kraftäußerungen in ganzem
Ernst und mit Beharrlichkeit nachzuspüren, dann werden wir wohl
bald herausfinden, daß auch sie in einem folgerichtigen Zusammenhang
mit dem übrigen Weltgeschehen stehen, mag der Schein
vorerst auch noch so sehr dagegen sprechen. Was die meisten
Leute, die gewohnt sind, sich das Weltgeschehen rein physikalisch
zu erklären, veranlaßt, solche spukhafte Erscheinungen ohne
weitere Untersuchung abzulehnen, ist der Umstand, daß in ihnen
eine gewisse Intelligenz zu stecken scheint und daß sie eine mehr
oder weniger deutliche Absichtlichkeit erkennen lassen, wie dies
auch in dem Großerlacher Fall offen zutage trat. Denn die Erscheinungen
knüpften sich an eine Familie, an deren Wohnung
und Stall und übersprangen sowohl den Hof wie die angebauten
Anwesen. Soweit Wurfgeschosse geschleudert wurden, suchten
sich diese sogar ein Ziel, und wenn eine gewollte Äußerung der
Kraft unterdrückt oder rückgängig gemacht wurde, so wiederholte
sie sich. Wer indessen mit dem nötigen guten Willen und Verständnis
verfolgt hat, was die Wissenschaft bis jetzt zur Aufklärung
derartiger Erscheinungen geleistet hat, der ist nicht über
sie erstaunt und lehnt sie auch nicht ab, denn er weiß, daß auch
Gedanken und Wille Kräfte oder Daseinsformen sind wie das
Licht, die Elektrizität oder der Magnetismus, und daß sie über
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1916/0354