http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1916/0358
354 Psychische Studien. XLIIL Jahrg. 8. Heft (August 1916).
(vgl. „Hohenst.** vom I.Mai), hatte ich nicht mehr die Absicht,
auf die Angriffe einzelner Zeitungen noch einmal zu erwidern,
weil es keinen Sinn hat, und auch kein Vergnügen bereitet, sich
über derartige Dinge mit Leuten auseinanderzusetzen, denen auf
dem Gebiet, über das sie sich ein Urteil anmaßen, nicht bloß jede
praktische Erfahrung, sondern auch jede Literaturkenntnis abgeht.
Nun ist aber in dem sozialdemokratischen Heilbronner „Neckar-
Echo** ein Artikel des Redakteurs G. Hitzler erschienen, welcher
mich zu einer nochmaligen Erwiderung nötigt, weil er eine angebliche
Aufklärung des Großerlacher Falles bringen, bzw. „die
Wahrheit über Großerlach** enthüllen will, wodurch er „dem
Spuk ein Ende machen zu können hofft**. Ich möchte nicht
unterlassen, sofort an dieser Stelle zu erklären, daß Herr Hitzler
„dem Spuk kein Ende gemacht hat**, denn er ist nicht imstande,
auch nur eine einzige positive Tatsache für seine Behauptungen
nachzuweisen, sondern er sieht sich genötigt, einen auf allerlei
unhaltbare Spitzfindigkeiten aufgebauten Indizienbeweis zu führen,
der so gewagt und so wenig überzeugend ausgefallen ist und aus-
fallen mußte, wie die Ausführungen eines Staatsanwalts ausfallen
müßten, der auf Grund eines irgendwo gefundenen Hosenknopfes
in einem Mordprozeß einen Antrag auf Fällung eines Todesurteils
stellen und begründen wollte, weil sich der Angeklagte in der
kritischen Zeit dadurch verdächtig machte, daß er Hosen trug und
nicht nackt herumlief.
Herr Hitzler „beweist" folgendermaßen. Er sagt: „Der
Knabe, den der Landjäger und einzelne Zeitungen bisher im Ver-
dacht der Täterschaft hatten, ist nicht schuldig. Schuldig ist
e:^zig und allein die Frau Kleinknecht, weil nur sie allein ein
Htc.esse an dem Spuk hatte, da es ihr darum zu tun war, ihr Besitztum
zu entwerten, um bei' der Nachlaßauseinandersetzung
besser wegzukommen." Um das große Interesse der Frau nachzuweisen
, hat Herr Hitzler ermittelt, daß der Wert der Güter allein
vom Gemeinderat auf 15 000 M., der schuldenfreie Gesamtbesitz
auf nahezu 19 000 M. taxiert worden sei. Außerdem stellt er das
arbeitsfreie Renteneinkommen der Frau als Krieger- und Postbotenwitwe
auf 1300 M. fest. Wenn man aus diesen Zahlenangaben
ein „Interesse** der Frau Kleinknecht an dem Spuk herleiten will,
dann muß vor allen Dingen das Renteneinkommen ganz außer
Betracht bleiben. Denn dieses Einkommen wird nicht größer und
nicht kleiner, ob es in dem Hause spukt oder nicht spukt. Auch
ist nicht zu verstehen, wie die etwa vorhandene Absicht, einen Teil
der Rente für die Kinder sicherzustellen, durch den Spuk in ihrer
Verwirklichung aufgehalten werden sollte. Es bleibt also nur
noch das übrige Vermögen. Dieses besteht zum größten Teil in
Gütern, in Äckern und Wiesen im Wert von 15 000 M. Daß diese
da und dort im Gelände zerstreuten Äcker und Wiesen entwertet
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1916/0358