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V
Dobberkau: Zur Geschichte des Spiritismus. 407
Befragende das Lachen verlernt haben, so sehr hatte es ihn mit
Schrecken erfüllt.
Dies Orakel befragte Aemilius Paulus nach der Schlacht gegen
Perseus und mehrere Römer nach der Schlacht von Chaeronea.
Vom Apollonius von Tyana erzählt Philostratus, daß er sich längere
Zeit in der Höhle aufhielt und ihm da ein ganzes Buch diktiert
wurde. Sonst hielt es in der Höhle jeder nur einige Minuten aus.
Von seinem Bruder Timarchus berichtet Plutarch, daß er in
die Höhle eindrang, um das Orakel über den Dämon des Sokrates
zu befragen. Von einer geheimnisvollen Stimme erhielt er Antwort
. Sie sagte ihm sodann, daß er nach drei Monaten mehr
davon verstehen werde. Nach drei Monaten, auf den Tag
stimmend, öffnete dem Timarchus der Tod das Tor des
Geisterreiches.
Kroesus wollte die Orakel auf die Probe stellen. Er sandte
Boten zu sieben der berühmtesten und ließ sie an einem bestimmten
Tage fragen, was er an diesem Tage tun ließ. Nur das
Orakel zu Delphi und das des Amphiaraus sagten richtig aus, daß
er das Fleisch einer Schildkröte und eines Lammes in einem
kupfernen Kessel kochen ließ, ein Unternehmen, von dem niemand
vorher etwas wissen konnte. So erzählt Herodot. Derselbe berichtet
, daß des Kroesus stummer Sohn nach Ausspruch des
Orakels zu Delphi sprechen werde, wenn Kroesus es am wenigsten
wünschen würde. Als seine Burg vom Feinde bestürmt wurde,
wollte ein Soldat den Kroesus töten. Da schrie sein bisher
stummer Sohn voller Angst um den Vater: „Mensch, töte den
Kroesus nicht!" Und von da an konnte er reden.
Macrobius erzählt, daß der Kaiser Trajan das Orakel von
Heliopolis erproben wollte und ihm in verschlossenem Briefe ein
leeres Blatt sandte. Das Orakel ließ zur Bestürzung der Priester
ein leeres Blatt an den Kaiser senden, der durch Öffnung seines
uneröffnet zurückgebrachten Briefes vor versammeltem Hofe nachwies
, daß die Antwort richtig war.
Ein Statthalter von Cilicien ließ das Traumorakel des Mopsus
befragen durch einen versiegelten Brief. Dem Boten erschien im
Traum der Genius, der zu ihm das Wort „schwarzen" sprach. Bestürzt
über die seltsame Antwort kehrt der Bote zurück und wird
von allen ausgelacht. Jedoch der Statthalter öffnet seinen un-
erbrochenen Brief und beweist durch dessen Inhalt, daß das Wort
„schwarzen" die richtige Antwort war. Er hatte nämlich das
Orakel gefragt, ob er einen weißen oder schwarzen Ochsen
opfern solle.
Titus Livius berichtet vom Orakel zu Dodona, daß es dem
Könige von Epirus geraten habe, die Stadt Pandosa und die Gewässer
des Acheron zu meiden, denn dort werden seine Unternehmungen
scheitern. Darum zog der König nach Italien, um
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